16. Mai 2014 (Wohnungspolitik)

Kommunalwahl 2014: Wohnungspolitik im Parteien-Check

In einem Positionspapier zur Wohnungspolitik aus dem März 2014 hat sich der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. mit den Entwicklungen auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt beschäftigt und daraus Positionen für die Dortmunder Kommunalpolitik erarbeitet.

Dortmunder Rathaus

Rathaus Dortmund

Parteien und OB-Kandidat/-innen wurden um Stellungnahmen gebeten; diese sind jetzt vollständig veröffentlicht. 

„Die Kernforderung des Mietervereins ist eine aktive Wohnungspolitik und ein starkes Wohnungsamt. Denn unverändert ist es so, dass sich ca. 35.000 von 230.000 Mietwohnungen in den Händen von Finanzinvestoren befinden. Auffällig ist aktuell, dass ca. 7.000 Wohnungen aus einer Gruppe von ca. 8.000 WE, die das Wohnungsamt und wir als strak vernachlässigt bewerten mussten, in den letzten 18 Monaten einen neuen Eigentümer bekommen haben. Hier ist Beobachtung und Dialog genauso wichtig wie der Einsatz des Wohnungsaufsichtsrechtes, falls keine Verbesserung festzustellen sind.“, erläutert Dr. Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V.

Für alle Leser der Hinweis, dass die Politik nicht immer alle Fragen beantwortet hat; was eine „vereinfachte Darstellung“ der Antworten erschwert. Alle Wähler, für die das Thema Wohnungspolitik einen Stellenwert hat, können sich alle Antworten hier ansehen. 

Nachfolgend unsere Positionen und die Antworten in einer Zusammenfassung:

1. Ein handlungsfähiges Wohnungsamt für Dortmund

Eine wirkungsvolle Wohnungspolitik in Dortmund erfordert auch in Zukunft ein starkes Wohnungsamt mit ausreichender Personalausstattung, u.a. für die Wohnungsaufsicht und die Wohnraumförderung.

SPD-OB- Sierau setzt auf eine vernetzte Arbeit des Wohnungsamtes mit anderen Stadtämtern und verweist auf die zukünftige Integration des Bereiches Stadterneuerung. Die Grünen halten ein starkes Wohnungsamt für erforderlich. Agieren statt reagieren sei insbesondere im Bereich der Stadter-neuerungsgesellschaft erforderlich. Die Wohnungsaufsicht müsse verstärkt werden. Die Linke befürwortet ein personell und finanziell starkes Wohnungsamt und betont einen Verzicht auf Personalkürzungen. Auch die FDP sieht die Notwendigkeit einer personell gut aufgestellten, engagierten und inhaltlich schlagkräftig agierenden Fachverwaltung. Die Piraten wollen sich im Hinblick auf die Wohnungsaufsicht und bei der Zweckentfremdung von Wohnraum für eine vernünftige personelle Ausstattung stark machen. Die CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann  sieht angesichts des angespannten Haushalts keine Spielräume für Stellenausweitungen und sieht eine Konzentration auf Pflichtaufgaben als notwendig an.

2. Stärkung der DOGEWO21

DOGEWO21 ist der größte Abnehmer der sozialen Wohnraumförderung für die Sanierung im Bestand und sichert über neue Mietpreisbindungen preisgünstigen Wohnraum. Unternehmensgewinne müssen im Unternehmen verbleiben.

Linke, Grüne, SPD-OB Sierau, CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann und Piraten betonen die Bedeutung der DOGEWO21 für die Wohnungspolitik in Dortmund. Die erstmalige Gewinnausschüttung an die Gesellschafter DSW21 und Sparkasse für das Geschäftsjahr 2012 sehen Linke, Piraten und B90/GRÜNE kritisch und befürworten einen Verbleib der Gewinne im Unternehmen, um die Eigenkapitalbasis zu stärken. CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann sieht Gewinnausschüttungen für vertretbar an, da Dortmund in Zeiten eines knappen Haushalts nicht auf Einnahmen verzichten könne. SPD-OB Sierau weist darauf hin, dass DOGEWO21 nicht mit zu vielen zusätzlichen Anforderungen überfrach-tet werden darf. Dabei bleibt offen, ob damit auch Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter gemeint sind. Die FDP nimmt hierzu keine Stellung.

3. Ausbau der sozialen Wohnraumförderung

Die Zahl der preisgebundenen Wohnungen wird von heute rund 28.000 auf 20.000 Wohnungen im Jahr 2021 sinken. Im Jahr 1990 waren es noch knapp 88.000 Mietwohnungen. Bei der Entwicklung und Vergabe städtischer Grundstücke einschließlich der städtischer Tochterunternehmen und des Sondervermögens fordert der Mieterverein daher eine 50% Quote für die soziale Wohnraumförderung. Schließlich erfüllen auch rund 50% der Haushalte die Einkommensgrenzen hierfür. 

Die im April 2014 vom Dortmunder Rat beschlossene 25% Quote für Sozialwohnungen in Neubau-gebieten unterstützen B90/GRÜNE, SPD-OB Sierau und die Linke. Die Linke hält eine höhere Quote für sinnvoll und sieht zudem Bedarf für eine städtische Gesamtkonzeption. Nach Auffassung der Lin-ken sollte sozialer Wohnungsbau nicht mehr primär in sozialen Brennpunkten erfolgen, sondern zu einer Entzerrung der sozialräumlichen Situation beitragen. Ähnlich positionieren sich Grünen: Sozialwohnungen müssen in hochwertigeren Lagen, wie beispielsweise am Phoenix-See entwickelt wer-den. Für die FDP ist eine Quotierung nicht notwendig. Auch CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann lehnt eine Quote im Neubau ab. Investoren würden abgeschreckt und dadurch weniger Wohnungen gebaut. Die Piraten sehen einer Zielquote für den Anteil der Sozialwohnungen am Gesamt-Wohnungsbestand als notwendig an. 

4. Kosten der Unterkunft: Umzugswellen verhindern & Klimabonus verbessern 

Zum Jahresende 2012 gab es ca. 42.200 Bedarfsgemeinschaften (SGB II) und 9.500 Grundsicherungsempfänger (SGB XII). Der Mieterverein hält eine Überprüfung der städtischen Richtlinien zu den Kosten der Unterkunft für notwendig. Ein aktuelles Problem sind Mieterhöhungen bei energetischen Sanierungen. Die Energieeinsparungen betragen häufig nur 15 bis 20% der Mieterhöhungen.

Die Linke fordert eine Erhöhung der Angemessenheitsgrenze für Transferleistungsempfänger, gerade im Bezug auf die erhöhten Mieten nach energetischen Sanierungen. Zudem fordert sie einen Energiesozialtarif für Grundenergiemengen. B90/Grüne wollen eine Überprüfung der Angemessen-heitsgrenzen insbesondere im Zusammenhang mit energetischer Wohnraumsanierung aufgreifen. SPD-OB Sierau und die FDP teilen die Einschätzung nicht, dass aufgrund der energetischen Sanie-rung viele Transferleistungsempfänger umziehen müssten. SPD-OB Sierau hebt hervor, dass die Angemessenheitsgrenze in Dortmund auskömmlich sei. Für einen Klimabonus fehle zudem die gesetzliche Grundlage. Die FDP betont, dass die Sanierung sich durch geringere Betriebskosten rechne. Für die Piraten dürfen sinnvolle energetisch sinnvolle Modernisierungen nicht zu Lasten der Bezieher von Sozialleistungen gehen.

5. Bezahlbares & sicheres Wohnen im Alter

In Dortmund fehlen altersgerechte und bezahlbare Wohnungen. Barrierearme und  -freie Wohnungen mit unterstützendem Dienstleistungsangebot müssen auch für Menschen mit niedrigen Renten und bei Grundsicherungsbezug im Alter bezahlbar sein.

Die Linke und SPD-OB Sierau heben den Beitrag der DOGEWO und der öffentlicher Vermieter zum Abbau bestehender Barrieren im Bestand und Neubau hervor. Ebenso, dass die Situation gerade für Menschen mit geringeren Einkommen kritisch ist. SPD-OB Sierau verweist auf Pläne der Stadt barri-erefreie Sozialwohnungen für Ältere entwickeln zu lassen. Die Stadtverwaltung sei derzeit auf der Suche nach Investoren. B90/GRÜNE setzen sich für eine stärkere Förderung von generationsüber-greifenden Wohnprojekten mit Mietpreis- und Belegungsbindungen ein und betonen die Bedeutung der Förderung eines entsprechend barrierefreien Umfeldes mit fußläufig erreichbarer Nahversorgung. Die Piraten betonen angesichts dieser Herausforderung, dass der DOGEWO kein zusätzliches Kapital entzogen werden darf. Die FDP sieht hierin vorrangig eine private Aufgabe, die jedoch durch das Immobilien-Sondervermögens der Stadt Dortmund flankiert kann. CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann äußert sich nicht zu diesem Thema. 

6. Integrierte Handlungsansätze für vernachlässigte Quartiere & Wohnanlagen/ 7. Ankäufe von vernachlässigten Wohnungen ermöglichen

In vernachlässigten Quartieren und Siedlungen werden noch stärker als bisher integrierte Handlungsansätze benötigt. Ohne eine Veränderung der desolaten Eigentümerstrukturen drohen dabei in vielen Siedlungen nicht endende Hängepartien für Mieter + Stadtteile. Wir fordern daher, dass die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft mbH bzw. DOGEWO21 mit ausreichend Eigenkapital aus dem Konzern Stadt bzw. dem Sondervermögen ausgestattet wird. 

Die Linke fordert bei der Entwicklung von Quartieren eine stärkere Berücksichtigung von möglichen Verdrängungsprozessen. Vorkaufsrechte für Siedlungen sollen weiter eingesetzt, erste Erfolge gäbe es im Fall einer Wohnanlage in Westerfilde in dem mit dem Neuerwerber Sanierungsmaßnahmen verbindlich vereinbart werden konnten. Für CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann haben sich dagegen die bestehenden Vorkaufssatzungen als wirkungslos erwiesen. DOGEWO21 sei bereits an ihre wirt-schaftliche Belastungsgrenze gegangen; zudem sei der städtische Haushalt sehr angespannt. Auch SPD-OB Sierau verweist darauf, dass die finanziellen Bedingen für den Ankauf ganzer Siedlungen nicht gegeben sind. Zudem könne der Ankauf allein durch die Stadt Dortmund nicht das Ziel sein. Auch nicht-öffentliche Wohnungsunternehmen müssen hierzu in die Lage versetzt werden. Das Problem der Finanzinvestoren sei aber auf der nationalen und internationalen Ebene zu lösen. B90/GRÜNE erläutern, dass der ständige Weiterverkauf von Immobilien aus reinen Spekulations-gründen insbesondere in Problemquartieren, wie z.B. Westerfilde, ein Ende finden müsse. Sonst zahle die Stadt über Transferleistungen, Quartiersmanagement, Stadtteilerneuerungsmaßnahmen etc. genau das Geld, das Investoren nutzen, um ihre erneuerungsbedürftigen Bestände in der Vermarktungsschleife zu halten. Um diese Schleife zu durchbrechen, müssten Ankäufe mit Rückbauop-tion und Förderungen durch das Land (Ankaufhilfen) geprüft werden. Dieses Handlungsfeld könne gerade vor dem Hintergrund eines preislich gebundenen Vorkaufsrechts eine wirtschaftliche Variante sein. B90/GRÜNE wollen eine politische Mehrheit für ihr Vorhaben erreichen die Stadterneuerungs-gesellschaft mit  einem „Sondervermögen“ auszustatten und handeln zu lassen. Die FDP bekennt sich anstelle des Aufkaufs der Siedlungen, zu Genossenschaftsmodellen, da die bisherigen Strate-gien als gescheitert betrachtet werden. Die Piraten sehen das Modell bei akuten Einzelfällen als Hilf-reich an. Grundsätzlich kritisch wird hierbei gesehen, dass Eigentümer von Schrottimmobilien durch einen Ankauf belohnt werden könnten. 

8.Wohnkonzept für Neuzuwanderer/-innen aus Süd-Osteuropa

Die laufenden Arbeiten des Sozialdezernats an einem Zuwanderungskonzept, das auch das Thema Wohnen beinhaltet, werden ausdrücklich begrüßt. Armutszuwanderer aus Süd-Osteuropa haben in der Regel keine Chancen auf dem normalen Wohnungsmarkt und sind Ausbeuter-Strukturen ausgeliefert.

B90/GRÜNE und SPD-OB Sierau betonen, dass ein wesentliches Ziel sei den Zugang zu Wohnungen für die Neuzuwanderer/-innen zu verbessern. Laut SPD-OB Sierau müsse dies auf Basis fairer Mietverträge passieren und gegen Mietwucher vorgegangen werden. Die Piraten betonen, dass sich die Pläne an den Bewohnern und ihren Bedürfnissen orientieren müssen. Die FDP verweist auf die Notwendigkeit der Förderung von lokalen Maßnahmen durch EU, Bund und Land NRW, um unzu-mutbaren Wohnbedingungen entgegenzuwirken. Linke, und CDU-OB-Kandidatin Dr. Littmann äußerten sich nicht zu dem Thema.

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e. V. // 19.05.2014

Positionspapier Wohnungspolitik des Mietervereins

Stellungnahmen

Bündnis 90/ Die Grünen bzw. Daniela Schneckenburger

CDU bzw. Annette Littmann

Die Linke bzw. Christian Tödt

FDP bzw. Lars Rettstadt

Piraten bzw. David Grade

 

 


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