1. Juni 2020 (Miet- und Wohnungsrecht)

BGH - Neues aus Karlsruhe

Hier stellen wir aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Mietrecht vor.

Fehlende Ersatzwohnung nach Eigenbedarfskündigung

Der Fall

Eine Familie mit fünf Kindern bewohnte sechs Jahre lang eine 4-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoß eines Mehrfamilienhauses. Dann wurde das Haus verkauft. Die Käuferfamilie zog zunächst in die freie Dachgeschoßwohnung ein. Kurze Zeit später kündigte sie den Mietern, die in der darunterliegenden Wohnung wohnten, wegen Eigenbedarf. Im Kündigungsschreiben verwiesen sie darauf, dass die Dachgeschoßwohnung allein nicht den Wohnbedarf für sie, ihre drei Kinder und ihre Mutter abdecke. Deswegen sei geplant, die Wohnung der Mieter mit dem Dachgeschoß zu einer Wohnung zu verbinden. Die Mieterfamilie verwies auf gesundheitliche Härte und das Fehlen einer Ersatzwohnung und zog nicht aus. Deswegen kam es zum Räumungsverfahren.

Die Entscheidung

Zunächst mussten sich die Karlsruher Richter mit dem Einwand der Mieter beschäftigen, dass die Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich sei. Die Mieter hatten vorgetragen, dass der Eigenbedarf durch die Vermieter selbst erst durch den Kauf der Liegenschaft herbeigeführt worden wäre. Zudem hatte die Familien darauf verwiesen, dass sich im Mehrfamilienhaus noch mehrere Ferienwohnungen befanden, die auch von den Käufern hätten genutzt werden können.

Dieser Argumentation folgte der Bundesgerichtshof nicht. Die Richter sahen das im Grundgesetz enthaltene Eigentumsrecht des Vermieters im Vordergrund. Danach dürfe ein Vermieter sein Leben unter Nutzen seines Eigentums nach seinen Vorstellungen einrichten. Mit dieser Argumentation lehnte es das Gericht auch ab, dass der Vermieter vorrangig die Ferienwohnungen für seinen Wohnbedarf hätte nutzen können. Die Gerichte, so stellte der Bundesgerichtshof fest, sind nicht berechtigt ihre Vorstellungen vom angemessenen Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Eigentümers zu setzen.

Somit war die Kündigung berechtigt. Der Bundesgerichtshof hatte im zweiten Teil darüber zu entscheiden, ob – und für wie lange – der siebenköpfigen Familie eine Räumungsfrist aus Härtegründen einzuräumen war. Die Mieter hatten im Verfahren vorgetragen, dass für die Großfamilie Ersatzwohnraum zu angemessenen Bedingungen nicht zu beschaffen sei. Das Landgericht hatte den Mietern daraufhin eine Räumungsfrist auf unbestimmte Zeit eingeräumt. Diese Entscheidung hob der Bundesgerichtshof nun auf. Die Richter waren der Auffassung, dass grundsätzlich eine Fortsetzung der Räumungsfrist nur für eine bestimmte Zeit eingeräumt werden kann. Anderenfalls werde das Eigentumsrecht der Vermieter nicht hinreichend berücksichtigt. Bei der Suche nach einer Ersatzwohnung müssen die gekündigten Mieter gewisse Einschnitte hinnehmen. Die Ersatzwohnung muss der bisherigen Wohnung weder hinsichtlich ihrer Größe, ihres Zuschnittes oder ihrer Qualität noch hinsichtlich des Preises vollständig entsprechen. Mieter müssen auch teurere Wohnungen anmieten, wenn diese mit dem Haushaltseinkommen finanziert werden können. Notfalls müssen sie hierfür im höheren Umfang Sozialleistungen, insbesondere Wohngeld, beantragen. Der gekündigte Mieter hat die Verpflichtung, notfalls mit Hilfe von Verwandten, Bekannten, öffentlichen und privaten Stellen sowie Zeitungsannoncen und Internet, sich ernsthaft und nachhaltig um eine angemessene Ersatzwohnung zu bemühen. Dabei reichen gelegentliche Bemühungen nicht aus. Der Mieter muss belegen und nachweisen, dass angemessener Ersatzwohnraum nicht zu angemessenen und finanzierbaren Bedingungen zu erhalten ist.

Da sich das Landgericht nicht damit beschäftigt hatte, ob ausreichende und zumutbare Suchbemühungen der gekündigten Familien vorlagen, verwiesen die Richter den Fall zur weiteren Klärung an das Landgericht zurück.

Fazit

Die Entscheidung folgt dem seit Jahren eingeschlagenen Weg des Bundesgerichtshofes, die Eigentümerstellung des Vermieters immer stärker zu gewichten. Gekündigte Mieter haben lediglich noch die Möglichkeit, eine begrenzte Räumungsfrist zu bekommen. Auch hier schiebt der Bundesgerichtshof mit der obigen Entscheidung die Messlatte zulasten der Mieter ein Stück höher. Mieter müssen im Ergebnis alle finanziellen Mittel ausschöpfen, um eine Ersatzwohnung anzumieten.
BGH-Urteil vom 11.12.2019
VIII ZR 144/19


Notdienstpauschale darf nicht auf Mieter umgelegt werden

Der Fall

Ein Berliner Vermieter rechnete im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung eine sogenannte Notdienstpauschale in Höhe von 102 Euro ab. Die Notdienstpauschale wurde für einen Hausmeister geltend gemacht, der außerhalb der Geschäftszeiten der Hausverwaltung in Rufbereitschaft war und dabei als Ansprechpartner bei Störungsfällen, beispielsweise Stromausfall oder Wasserschäden, fungierte. Da der Mieter diese Kosten nicht zahlte, verklagte ihn der Vermieter.

Die Entscheidung

Zunächst musste der BGH die Frage klären, ob im bestehenden Mietvertrag überhaupt Hausmeisterkosten vereinbart waren. Dort war lediglich geregelt, dass der Mieter die Kosten nach der geltenden Betriebskostenverordnung zu tragen hatte, die Hausmeisterkosten waren nicht ausdrücklich aufgezählt. Der Bundesgerichtshof bestätigte jedoch eine ältere Rechtsprechung, nach der es ausreicht, wenn der Vermieter auf die Betriebskostenverordnung im Mietvertrag Bezug nimmt. Dann sind alle dort aufgeführten 16 Betriebskostenarten, darunter auch die Hausmeisterkosten, umlagefähig.

Im zweiten Schritt mussten die Richter aus Karlsruhe entscheiden, ob die Notdienstbereitschaft des Hausmeisters eine Betriebskostentätigkeit darstellte oder ob es sich gegebenenfalls um Verwaltungskosten handelte. Im letzteren Fall hätten die Kosten nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen.

Der Bundesgerichtshof definierte zunächst, welche Kosten zu den üblichen Betriebskostentätigkeiten eines Hausmeisters gehören. Dazu zählen unter anderem die Überwachung der Hausordnung, der Treppenhausreinigung oder des Winterdienstes durch Mieter oder Firmen. Weiterhin: die Überwachung von Fluchtwegen, ob Türen ordnungsgemäß schließen und ob das Haus frei von Mängeln hinsichtlich Beleuchtung, verstopften Abflüssen im Keller oder ähnliches ist. Und darüber hinaus: die Überprüfung des Frost- und Brandschutzes sowie die Überwachung von Handwerkern bei Reparaturen oder Wartungsarbeiten.

Die Rufbereitschaft zur Annahme von Schadens- und Notfallmeldungen, ließ sich unter keinen dieser Punkte einordnen. Nach Meinung des Bundesgerichtshofes handelte es sich dabei nicht um eine allgemeine Kontroll- oder Überwachungstätigkeit. Die Entgegennahmen von Störungsmeldungen und die Einleitung erforderlicher Reparaturmaßnahmen stelle vielmehr eine Verwaltungstätigkeit dar. Solche Verwaltungstätigkeiten können im Rahmen der Betriebskosten nicht abgerechnet werden. Daher wies der Bundesgerichtshof die Zahlungsklage des Vermieters ab.

Fazit

Mit der obigen Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof dar, welche Tätigkeiten bei Hausmeisterkosten abgerechnet werden können. Dem Versuch findiger Vermieter, den Tätigkeitsbereich auf Verwaltungstätigkeiten auszuweiten, ist zunächst einmal ein Riegel vorgeschoben.
BGH, Urteil vom 18.12.2019
VIII ZR 62/19.



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