22. Juni 2017 (Wohnungspolitik, Wohnungsmarkt)

Wohnraumangebot für Studierende "Das wird teuer"

Wenn ich gefragt werde, wo die Geschäftsstelle des Mietervereins sei, antwortete ich bisher: „An der Kampstraße, Nähe Reinoldikirche, gegenüber dem alten Karstadt-Technik-Haus.“ Als es vor sieben Jahren schloss, begann ich meine Tätigkeit beim Mieterverein. Von unseren Büroräumen konnten wir beobachten, wie auf den Außentreppen des Gebäudes kleine Bäume heranwuchsen. Alle Restpostenläden in den Folgejahren waren doch nur Zwischennutzungen. Wenn Sie ab Herbst unsere Geschäftsstelle besuchen, wird die Großbaustelle zum Bau des neuen Appartmenthauses für Studierende nicht zu übersehen sein.   Eine Baustelle befürchten wir auch in der Wohnungspolitik der neuen NRW-Landesregierung – mit negativen Auswirkungen für Mieterinnen und Mieter. Im September stehen mit der Bundestagswahl auch Weichenstellungen für den Mieterschutz und Wohnungspolitik vor der Tür.

Das ehemalige Karstadt-Haus an der Kampstraße

Der Wohnungsmarkt in Dortmund bleibt – insbesondere im Bereich der kleinen, günstigen Wohnungen – weiter angespannt. Neben Geringverdienern, Leistungsempfängern und Geflüchteten konkurrieren auch Studierende um bezahlbaren Wohnraum. Und deren Zahl steigt kontinuierlich. Drei geplante Projekte werden in den kommenden Jahren neue Wohnungen für diese Zielgruppe schaffen. Günstig wird es für die Studierenden allerdings nicht.

Die Nachricht platzte vor einigen Wochen wie eine Bombe: Das ehemalige Karstadt-Haus an der Kampstraße wird – nach jahrelanger Nutzung durch Ramschläden und Leerstand – abgerissen und weicht einem Neubau, in dem rund 430 Apartments für Studierende entstehen werden. Der neue Eigentümer, der European Student Housing Fund, plant die Eröffnung bereits für das Jahr 2019. So weit, so gut. Projekte, die die Innenstadt und den Bereich rund um den Platz von Leeds außerhalb der Geschäftszeiten beleben, sind sinnvoll und steigern die Attraktivität der City.

Gehoben oder luxuriös?

Doch in den Jubel reihten sich – speziell in der Online-Berichterstattung und in den dortigen Leserkommentaren – auch kritische Stimmen. Grund dafür: die voraussichtliche Miete der 19 bis 23m² großen möblierten Apartments. Zwischen 450 und 500 Euro werden Studierende für ihr City-Apartment zahlen. Schnell machte der Begriff „Luxusapartments“ die Runde. Eine Einschätzung, die vom Amt für Wohnen und Stadterneuerung so nicht geteilt wird. „Die Mietpreise sind bezogen auf die Lage und weil sie laut Presseberichten auch sämtliche Nebenkosten sowie Möblierung enthalten sollen, nicht dem Luxussegment zuzuordnen. Das geplante Projekt ist eine willkommene Ergänzung zum vorhandenen Angebot. Wenngleich klar ist, dass damit im Bereich des studentischen Wohnens kein Massenmarkt bedient wird. Für das gehobenere Preissegment besteht aber auch in Dortmund eine gewisse Nachfrage“, heißt es aus dem Amt. Und weiter: „Jede neu gebaute Wohnung – auch eine teure – entlastet den Wohnungsmarkt.

Am Bedarf vorbei

Hagen Dorgathen vom AStA Dortmund hilft Studierenden bei der Wohnungssuche und weiß, dass es immer schwerer wird zum Studienbeginn eine bezahlbare Wohnung zu finden. „Insbesondere ausländische Studierende, die es ohnehin schwerer haben eine Wohnung zu finden, haben ein echtes Problem“, sagt er. „Einfach anreisen und dann hier vor Ort nach einer Wohnung schauen – das funktioniert so nicht mehr. Günstige Wohnungen sind rar – auch wenn wir hier in Dortmund im Vergleich zu Städten wie Köln und Düsseldorf noch gut dastehen. Insofern gehen auch die Planungen für das Karstadt-Haus am Bedarf vorbei. Studierende, die sich solch ein Apartment leisten können, haben auch jetzt keine Probleme, eine Wohnung zu finden. Letztendlich kann aber vielleicht auch solch ein Projekt etwas Druck vom Markt nehmen.“

Projekt-Boom

Ein weiteres großes Wohnungsbau-Projekt wird zurzeit durch den Hamburger Investor Revitalis Real Estate AG geplant. Am Rande des Kreuzviertels soll zwischen Wittekind- und Lindemannstraße das „Berswordt-Quartier“ mit insgesamt 520 Wohneinheiten entstehen. 300 davon sind als „Micro-Appartements“ ausgewiesen – also kleine Wohnungen, zum Teil möbliert. In Verbindung mit der guten uninahen Lage eigentlich ideal für Studierende. Doch auch dieses Projekt ist freifinanziert, sodass die Nettokaltmiete nicht unter neun Euro pro Quadratmeter liegen wird. Zusammen mit den Nebenkosten für Strom, Wasser, Wärme und Telekommunikation, summiert sich eine Gesamtmiete, die sich Studierende mit kleinem Budget nicht werden leisten können.

Mitte Mai schließlich wurden die Pläne eines niederländischen Investors bekannt, die im Schatten des Dortmunder U an der Ritterstraße – und somit in direkter Nachbarschaft zum Berufskolleg – ebenfalls 200 bis 300 Wohneinheiten vorsehen. Die Zielgruppe: Studierende.

Wohnen für alle

Auch der öffentlich geförderte Wohnungsbau nimmt, angesichts einer stetig größer werdenden Gruppe von Menschen, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, endlich wieder Fahrt auf. Eine Notwendigkeit, auf die der Mieterverein Dortmund viele Jahre hingewiesen hat. Die Stadt Dortmund kümmere sich unter dem Motto „Wohnen für alle“ intensiv um die Ankurbelung des Wohnungsbaus, heißt es aus dem Amt für Wohnen und Stadterneuerung. „Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem preiswerten bzw. geförderten Wohnungsbau, den auch Studierende nachfragen. An Standorten, wo es sich besonders anbietet, werden Investoren dahingehend beraten, studentisches Wohnen in ihren Planungen zu berücksichtigen“. Auch zu den Fördermöglichkeiten für studentisches Wohnen habe es zuletzt mehrere Anfragen von Investoren gegeben.

Bundesweiter Trend

Für Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins sind Projekte wie jenes an der Kampstraße zwar eine Bereicherung für die Innenstadt, gleichzeitig wenden sie sich aber lediglich an die kleine Gruppe von finanziell sehr gut ausgestatteten Studierenden. „Kleine Studierenden-Apartment-Wohnungen sind bundesweit ein Trend in Universitätsstädten. Projektentwickler und Anleger versprechen sich hohe Renditen. Jetzt ist diese Welle auch in Dortmund angekommen. Leider greift die 25%-Quote für geförderten Wohnungsbau bei den drei Projekten nicht, da sie in bestehenden Bebauungsplänen realisiert werden oder Baurecht im sogenannten Innenbereich besteht. Es wird sich zeigen wie gut die Konzepte angenommen werden. Neben der Gemeinsamkeit hoher Mieten wird wichtig sein, wie Gemeinschaftseinrichtungen in Ergänzung zu den kleinen Apartments funktionieren.“ 

Autor: Mirko Kussin, erschienen in Mieterforum Nr. 48 II/2017


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