28. November 2017 (Wohnungspolitik, LEG NRW)

Wachsender Widerstand - Mieterhöhung nach Modernisierung

In den vergangenen Ausgaben des Mieterforum berichteten wir immer wieder über drastische Mieterhöhungen, die die betroffenen Mieter finanziell überfordern und scheinbar hilflos zurücklassen. Unter dem Schlagwort „Modernisierung“ werten dabei Immobilienunternehmen wie Vonovia oder die Unternehmensgruppe Berke ihre in die Jahre gekommenen Bestände auf Kosten der Mieter auf. Doch die beginnen sich nun flächendeckend zu wehren.

Foto von Mirko Kussin

In Dortmund erhielten Mitte Mai über 400 LEG-Mieter Post von ihrer Vermieterin: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir an Ihrem Haus Modernisierungsarbeiten durchführen werden.“ Doch die Freude der Bewohner hält sich in Grenzen. Und die ehemals landeseigene LEG muss feststellen, dass Modernisierungsmaßnahmen, die teilweise mit Mieterhöhungen von mehreren Euro pro Quadratmeter einhergehen sollen, zu Widerstand führen. Sieben Bauabschnitte kennt der Mieterverein mit Schwerpunkt in der südlichen Dortmunder Innenstadt und der nördlichen Gartenstadt.

Im Gießkannenprinzip wurden allen Mietern eines Bauabschnittes jeweils die gleichen Baumaßnahmen angekündigt. Dabei ist die Ausgangssituation in den einzelnen Häusern und Wohnungen sehr unterschiedlich. Mieter haben beispielsweise bereits ein modernisiertes Badezimmer, die erstmalig anzubringende Außenbeleuchtung ist bereits vorhanden, der Dachboden wurde bereits gedämmt oder die Briefkastenanlage bereits vor Jahren erneuert. Zu Recht wehren sich die Bewohner und hinterfragen den Sinn der Maßnahmen, die oftmals nicht als Teil eines durchdachten Sanierungskonzeptes erscheinen. Gleich drei neue Initiativen haben sich in den vergangenen Monaten in LEG-Beständen gegründet. Gemeinsam mit dem Mieterverein Dortmund unterstützen sie die Mieter dabei ihre Rechte wahrzunehmen.

Grundsanierung statt Deckendämmung

So weist etwa die neu gegründete Initiative in der nördlichen Gartenstadt auf den Instandhaltungsstau in den Wohnungen hin. Statt einer Dachboden- und Kellerdeckendämmung wollen sie, dass Feuchte- und Schimmelschäden im Keller behoben und alte Holzrahmenfenster ausgetauscht werden. „Die Keller benötigten eine Grundsanierung, aber keine Deckendämmung“, sagte eine Mieterin. „Es ist doch wohl wichtiger, sich erst einmal um den Erhalt der Substanz zu kümmern.“

Ärger am Sonnenplatz

Auch die Mieter im LEG-Bestand Neuer Graben/ Große Heimstraße/ Sonnenplatz warten vergeblich auf die Reparatur der teilweise 25 Jahre alten undichten Fenster. Hier plant die LEG bei knapp 100 Wohnungen als Hauptmaßnahme Balkone erstmalig anzubauen ­ unabhängig vom Grundriss der meist kleinen Wohnungen. Dies soll die Mieten um bis zu 50% steigen lassen. Solche Mieterhöhungen können nur die wenigsten Mieter „einfach so“ stemmen. Insbesondere für Alleinerziehende, Rentner und Arbeitnehmer in Minijobs würde ein derartiger Anstieg nicht selten den Auszug in eine andere, günstigere Wohnung bedeuten. Damit gefährden groß angelegte Modernisierungsmaßnahmen auch das soziale Gefüge ganzer Blocks oder Quartiere.

Die südliche Innenstadt gilt als attraktive Lage. Mittelfristig wirken sich Mieterhöh­ungen natürlich auf den Mietspiegel aus, sodass weitere Mieterhöhungen auch in nicht modernisierten Beständen möglich werden. „Inzwischen sind viele Mieter weggezogen, fast täglich sieht man Umzugswagen“, heißt es aus den Reihen der Mieterinitiative. „Aber so eine Wohnung ist mehr als der Ort, an dem man wohnt. Da hängt doch ein ganzes soziales Umfeld, die Schulen der Kinder, ein Freundeskreis dran.“

Mieterschutz

Die Ausgangslage für Mieter bei Modernisierungen ist stark verbesserungswürdig, aber auch hier gibt es Mieterrechte (siehe Seite 18/19). „Nach dem Gesetz können Mieter Widersprüche wegen wirtschaftlicher und persönlicher Härte bei Modernisierungen einlegen und müssen dies auch tun, wenn sie ihre Rechte wahren wollen. Wir empfehlen nach Zugang einer Modernisierungsankündigung die umgehende Prüfung durch die Rechtsberatung des Mietervereins, da Fristen zu beachten sind“, erklärt der wohnungspolitische Sprecher des Mietervereins Tobias Scholz.

Diese Härtegründe spielten auch im Gespräch zwischen der Mieterinitiative Sonnenplatz, LEG-Vertretern und dem Mieterverein Dortmund eine Rolle. „Die LEG hat zugesagt, wirtschaftliche Härtegründe bei Vorlage entsprechender Nachweise vor Baubeginn zu prüfen. Dies ist wichtig, damit die Mieter vor Beginn der Arbeiten wissen, ob die Mieterhöhung wegen eines Härtegrundes nach Modernisierung geringer ausfallen wird. Die LEG trägt eine große soziale Verantwortung“, so Scholz.

Zugeständnisse hat die LEG auch bei offensichtlich bereits durchgeführten Maßnahmen gemacht. So liegen dem Mieterverein Bestätigungen vor, dass beispielsweise neue Bäder nicht nochmals modernisiert werden sollen, Briefkästen nicht ausgetauscht oder „doppelte Vordächer“ bei den Hauseingängen nicht angebaut werden. „Jede nicht durchgeführte Maßnahme, lässt die Mieterhöhung geringer ausfallen. Das sind kleine Erfolge, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müssten. Warum hat die LEG nicht vor der Ankündigung eine richtige Bestandaufnahme durchgeführt und ermittelt, was wirklich an den Häusern getan werden muss?“, fragt Tobias Scholz. Im aktuellen Investorenprospekt finden sich dann tatsächlich die Badezimmermodernisierungen als lohnenswerte Investitionen und sollen Aktionäre überzeugen.

Folge der Niedrigzinspolitik

„Wir zahlen der Aktiengesellschaft LEG die Zinsen, die die Banken nicht mehr zahlen können“, sagt eine Mieterin, die Ihren Namen lieber nicht nennen möchte. „Die gesetzliche Regelung, dass 11% der Modernisierungskosten pro Jahr auf die Mieter umgelegt werden können, garantiert dem Unternehmen eine sichere Geldanlage. Und das führt dann zu solchen schwachsinnigen Maßnahmen, deren Ziel nicht das Wohl der Bewohner, sondern die kurzfristige Wertsteigerung des Immobilienbestandes ist.“

Bundespolitik stellt die Weichen

Die engagierten Mieter wissen, dass diese Mieterhöhungspraxis nicht ein Alleinstellungsmerkmal der LEG ist. Andere rendite­orientierte Wohnungsunternehmen agieren ähnlich. Folglich richten sich viele Forderungen der Initiative vor allen Dingen an die politischen Entscheider: der Bau von öffentlich gefördertem Wohnraum, die Abschaffung der Modernisierungsumlage, die es den Unternehmen erlaubt, die Kosten auf Mieter umzulegen sowie Nachbesserungen der bisher wirkungslosen Mietpreisbremse stehen auf der Agenda. „Wohnraum darf kein Spekulationsobjekt sein!“, steht in einer Pressemitteilung der Initiative. Das Ausrufezeichen am Ende des Satzes ist Programm.

Mirko Kussin, erschienen in Mieterforum Nr. 49 III/2017


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