3. April 2019 (Miet- und Wohnungsrecht)

Aufgepasst bei Mieterhöhungen Drei Monate neuer Mietspiegel – Mieterverein Dortmund zieht Bilanz zur Anwendung

Seit Jahresbeginn gilt für Dortmund ein neuer Mietspiegel und ist bei Mieterhöhungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete entscheidend. Deren Überprüfung gehört beim Mieterverein Dortmund an der Kampstr. 4 zum Alltag der Rechtsberatung. Nach drei Monaten Laufzeit des neuen Mietspiegels ziehen die Mieterschützer eine erste Bilanz.

Auf den „richtigen Mietspiegel“ als Begründung achten

Einzelne Privatvermieter stützen Ihre Mieterhöhung nicht auf den offiziellen Mietspiegel des Dortmunder Mietspiegel Arbeitskreises, sondern auf Online-Mietpreisübersichten, die irreführenderweise als Mietspiegel dargestellt und bezeichnet werden. „Hier besteht für Mieter und Vermieter Verwechselungsgefahr. Während der Dortmunder Mietspiegel auf Basis einer wissenschaftlichen Untersuchung gemäß den gesetzlichen Vorgaben erstellt wurde, stellen die Online-Mietpreisübersichten nur Durchschnittswerte von aktuellen Wohnungsangeboten dar. Solche Angebotsmieten liegen in der Regel über der ortsüblichen Vergleichsmiete einer Wohnung gemäß dem Dortmunder Mietspiegel. Mieterhöhungen müssen mit dem richtigen Mietspiegel begründet werden.“, erklärt Mietervereinsgeschäftsführer Rainer Stücker.

Richtige Einordnung in der Spanne (Medianwert)

Mieter müssen aufpassen, ob ihre Wohnung innerhalb der Preisspanne einer Baualtersklasse richtig eingeordnet wurde. Nach wie vor gilt die Rechtsprechung des Landgerichtes Dortmund, dass der vom Mietspiegel ausgewiesene Medianwert im Zweifel die ortsübliche Miete innerhalb der Spanne wiedergibt. Hiervon wird nur in seltenen und zu begründeten Ausnahmefällen abzuweichen sein. Generell gilt zudem die gesetzliche Kappungsgrenze von 20%, um die sich Mieten in Dortmund innerhalb von drei Jahren höchstens erhöhen dürfen. Achtung: Für Mieterhöhungen, die ab dem 01.06.2019 beim Mieter eingehen, gilt eine abgesenkte Kappungsgrenze von nur 15%.

An diese ständige Rechtsprechung hält sich die börsennotierte LEG nicht in allen Fällen. Dem Mieterverein Dortmund sind mehrere Mieterhöhungen aus Dortmund-Scharnhorst bekannt, in denen die LEG Mieten oberhalb des Mittelwerts verlangt. In einem Beispielfall liegt die Überschreitung des Medians „nur“ bei 0,12 €/m². Für eine 80 m² große Wohnung würde  die überhöhte Mieterhöhung über 100 Euro im Jahr ausmachen.
Eine rechtlich notwendige Begründung führt die börsennotierte LEG hierfür nicht an. Eine solche Begründung zur Abweichung vom Medianwert müsste zudem bestimmte Anforderungen erfüllen (vgl. LG Dortmund 11 S 90/12 und 11 S 57/12, beide vom 25.06.2012).
„Nach Hinweisbeschlüssen des Landgerichtes Dortmunds darf Medianwert nur abgewichen werden, wenn eine Wohnung bei allen für den Mietspiegel wichtigen Kriterien, überdurchschnittlich zu bewerten ist. Es zudem beim Medianwert verbleibt, wenn eine durchschnittlich oder unter¬durch¬schnittlich zu bewertende Wohnung möglicherweise sich in einer teureren Lage befindet“, erklärt Rechtsanwalt Martin Grebe vom Mieterverein Dortmund.

Prüfung von Zu- und Abschlägen

Bei der Einordnung in den Mietspiegel müssen Mieter prüfen, ob der Mietspiegel für die Wohnung tatsächlich Ausstattungs- und Modernisierungs-Zuschläge vorsieht. Nicht jede einzelne Modernisierungsmaßnahme des Vermieters reicht hierfür aus. Das Baualter einer Wohnung und der Zeitpunkt der jeweiligen Modernisierungsmaßnahme sind zu prüfen. Zu prüfen ist auch, ob Abschläge zu Gunsten der Mieter auch wirklich berücksichtigt wurden, u.a. Vermietung ohne Oberböden bzw. mit einfachem PVC, kein Balkon/Loggia, Nacht
¬speicher¬heizungen, kein fließend Warmwasser in der Küche, Einfachverglasungen und ein Abschlag wegen Lärm.
Eindrücklich ist das Beispiel einer Mieterhöhung des Wohnungskonzerns Vonovia. Die Mieterin hat einen Mietergarten angemietet und zahlt dafür bereits eine gesonderte Miete. Nun verlangt Vonovia den Zuschlag von 0,48 €/m² für eine alleinige Gartennutzung. Dieser ist neu im Mietspiegel enthalten. Der Garten würde dann doppelt bezahlt werden.

In zahlreichen Dortmunder Siedlungen wurden fehlerhafte Mieterhöhungen des Wohnungsunternehmens Vivawest durch den Mieterverein Dortmund beanstandet. Abschläge zu Gunsten der Mieter wurden nicht berücksichtigt (z. B. Vermietung ohne Oberboden) oder es wurden falsche Zuschläge erhoben (z. B. Erneuerung der gesamten Heizungsanlage, obwohl nur der Heizkessel erneuert wurde). Vivawest nahm die jeweilige Mieterhöhung dann nach Widerspruch durch den Mieterverein kurzfristig zurück oder reduzierte diese.
„Wir haben jedoch befürchtet, dass weitere Vivawest-Mieter betroffen sein könnten, da scheinbar Ausstattungsmerkmale einer Wohnung, aber auch die Kriterien des neuen Mietspiegels nicht vollständig oder korrekt in der EDV von Vivawest hinterlegt waren. Daher haben wir vergangene Woche Vivawest alle in 2019 in Dortmund verschickten Mieterhöhungen zu prüfen und ggf. zurückzuziehen.“ sagte Rainer Stücker.

Vivawest reagierte umgehend und teilte mit, dass alle Mietanpassungen noch einmal geprüft worden seien. Gut 1000 Mieterhöhungen in Dortmund wurden daraufhin storniert. In knapp 900 Fällen seien die Mieterhöhungen korrigiert worden. In über 100 Fällen ergab sich kein Spielraum mehr für eine Mieterhöhung; diese wurden zurückgezogen.

„Wir begrüßen die umfassende Prüfung und Korrektur durch Vivawest. So profitieren nicht nur die Mieter, die ihre Mieterhöhung überprüft haben, sondern alle betroffenen Mieter.“ kommentierte Rainer Stücker.

Nicht unter Zeitdruck setzen lassen!

Die Beispiele zeigen, dass Mieter sich bei Mieterhöhungen nicht vom Vermieter unter Zeitdruck setzen lassen dürfen. Bei einer vorschnell unterschriebenen Zustimmungs¬erklärung zur Mieterhöhung gibt es kein Rücktrittsrecht. Bei einer Erhöhung der Grundmiete haben Mieter mindestens zwei ganze Monate zur Prüfung der Mieterhöhung.

Mieterverein bietet Online-Rechner und Sonderdruck mit Berechnungshilfe

Unter www.mietspiegel-dortmund.de bietet der Mieterverein einen kostenfreien Online-Mietspiegel-Rechner und einen Sonderdruck mit Berechnungshilfe an, der auch in der Geschäftsstelle, Kampstraße 4, 44137 Dortmund, kostenlos erhältlich ist. Der Mieterverein Dortmund bietet seinen Mitgliedern in allen Rechtsfragen einer Mieterhöhung umfassende telefonische und persönliche Beratung und Vertretung an.

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 03.04.2019 // Ergänzung redaktioneller Hinweis zur abgesenkten Kappungsgrenze vom 31.05.2019


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