19. Juni 2020 (Wohnungspolitik, Corona)

„Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“

Gemeinsame Pressemitteilung des Planerladen e.V. und des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V. zum Aktionstag „Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“ Der deutsche Wohnungsmarkt ist zunehmend von Kapitalisierung und Gewinnmaximierung geprägt. In Dortmund ist die Wohnanlage Hannibal II in Dorstfeld ein Negativbeispiel für Spekulation am Wohnungsmarkt. Nicht ausreichende Instandhaltung, Mängel in den Wohnungen bis hin zur Unbewohnbarkeit sind die Folge.

Wie sich gezeigt hat, standen dabei die Mieter*innen und die Schaffung von attraktivem, bestenfalls bezahlbarem Wohnraum niemals im Mittelpunkt. Durch Privatisierungen und Verkäufe von ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen sind in Dortmund über 45.000 Wohnungen zum Anlageobjekt und Handelsware geworden. Finanzinvestoren und börsennotierte Wohnungsunternehmen treiben die Mieten u.a. durch im Vergleich hohe Mieten bei der Neuanmietung, teure Modernisierungen und umstrittene Betriebskostenabrechnungen. Eine aktuelle Erhebung von angebotenen Wohnungen durch den Mieterverein Dortmund zeigt, dass Wohnungen bis zu 40% über dem aktuellen Mietspiegel angeboten werden.

Mietschulden durch Corona

Die sozialen, wie finanziellen Folgen der Corona-Pandemie verschärfen die bereits angespannte Mieten- und Wohnungskrise zusätzlich. Selbst wenn die Bundesregierung den bis zum 30.06.2020 geltenden erweiterten Kündigungsschutz im Rahmen der Corona-Krise verlängern sollte, drohen ab Herbst 2020 wieder Zwangsräumungen und Kündigungen. Zudem dürfte es für viele der von Kurzarbeit oder Jobverlusten Betroffenen nahezu unmöglich, die bis zum 30.06.2022 fälligen während der Krise aufgehäuften Mietschulden zu begleichen. Davon sind ungleich stärker Menschen betroffen, die ihr Leben ohnehin unter prekären Arbeitsbedingungen und/oder Wohnverhältnissen bestreiten müssen. Je länger die Corona bedingten Einschränkungen des Alltags- und Arbeitslebens andauern, desto schwieriger ist es für Betroffene, die Miete aufzubringen. Das gilt nicht nur für Mieter*innen von Wohnungen, sondern ebenso für Gaststätten, Kneipen, Kulturbetriebe sowie kleine Geschäfte und Dienstleister*innen. Es ist zu befürchten, dass aufgrund der Corona-Pandemie ohne hinreichenden langfristigen Schutz für Mieter*innen die Verdrängungsmechanismen noch stärker als bisher zu Tage treten und eine Teilhabe am städtischen und gesellschaftlichen Leben in Dortmund verstärkt nur noch für zahlungskräftige Bürger*innen gewährleistet sein wird.

Diskriminierung und Verdrängung in Problemhäuser

Dramatisch ist die Situation zudem für die Menschen, denen der Zugang zum ‚normalen‘ Wohnungsmarkt fehlt. Aufgrund von diskriminierenden Vermietungspraxen werden sie in den Graubereich abgeschoben und müssen mit Wohnungen und Mietverhältnissen weit unter Standard leben. Zahlreiche Testings und Studien (u.a. auch des Planerladen e.V.) belegen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte bei der Wohnungsvergabe diskriminiert werden. Allein ein nicht-deutsch klingender Name kann eine Benachteiligung zur Folge haben.

Besonders problematisch sind die heruntergekommenen Häuser, die für EU-Neuzugewanderte und v.a. Roma oftmals die einzige Alternative als Wohnraum darstellen und in denen aufgrund von jahrelangem Investitionsstau der Eigentümer bereits vor der Pandemie ungesunde Wohnverhältnisse herrschten. Bei berechtigten Mietminderungen wird in solchen Häusern nicht selten seitens der Eigentümer als Abschreckung die Strom- und Wasserzufuhr abgestellt. Die in diesen Zeiten der Pandemie so wichtige Hygienevorsichtsmaßnahmen werden in solchen Umständen faktisch unmöglich. Aufgrund der Marginalisierung und bestehenden Verdrängungs­mechanismen ist die Teilhabe am und der Zugang zum gesellschaftlichen und städtischen Leben bereits jetzt schon für diese Personengruppen erheblich erschwert. 

Die Stadt gehört Allen!

Daher fordern der Planerladen e.V. und der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., die Bundesregierung auf einen Fond zum Mietschuldenerlass sowie humane, bezahlbare Mieten durch verbesserten Mieterschutz im Mietrecht! Zudem stehen wir für ein Ende der diskriminierenden Vermietungspraxen auf dem Wohnungsmarkt ein und fordern eine Verbesserung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), um Betroffenen eine wirkliche Handhabe gegen Diskriminierung zu ermöglichen. Die Stadt gehört Allen!

Wir rufen dazu auf, am Samstag, den 20.06.2020 an den deutschlandweit stattfindenden Aktionen/ Kundgebungen teilzunehmen und für das Recht auf sicheren Wohnraum für alle Menschen einzustehen! Veranstaltet wird der Aktionstag vom Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.

Die nächstgelegene Kundgebung findet in BOCHUM um 14:00 Uhr am Bochumer Rathaus statt.

Infobox: Der Planerladen e.V. und der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. informieren in ihrem gemeinsamen Podcast-Kanal „Wohnen in Zeiten von Corona“ zu mietrechtlichen Fragen, zum Auftakt wird über „Regelungen für Mieter*innen“ berichtet (-> Link Youtube).

Gemeinsame Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. & Planerladen e.V.  //19.06.2020


© 2010-2024 Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.
Impressum
Datenschutz