26. Juli 2022 (LEG NRW, Vonovia, Miet- und Wohnungsrecht)

"Wärmeverzicht"? Wie schützt das Mietrecht?

Dass angesichts der stark steigenden Energiepreise und der Frage, ob im kommenden Winter ausreichend Gas zur Verfügung stehen wird, taucht immer wieder die Frage auf wo zuerst gespart werden soll. Immer wieder wird die Frage diskutiert, die Raumtemperaturen in Mietwohnungen zu reduzieren. Doch welche Regeln gelten bezüglich der Heizung? Inwiefern dürfen Vermieter die Heizung anpassen?

LEG Vorstand Lars von Lackum forderte jüngst in einem Interview mit dem Handelsblatt „von der Politik strengere Regeln, damit die Heiztemperaturen noch stärker abgesenkt werden können als bislang“.[1] Die aktuellen Entwicklungen machen einen „Wärmeverzicht“ notwendig, so von Lackum. Laut Medienberichten[2] plant Deutschlands und Dortmunds größte Vermieterin, die Vonovia ab der nächsten Heizperiode eine Absenkung der Heiztemperaturen bei Gas-Zentralheizungen in den Nachtstunden. Zwischen 23 und 6 Uhr solle es dann nur noch 17°C erreicht werden können. Eine Wohnungsbaugenossenschaft in Sachsen schaltet Heizung und Warmwasser bereits nur noch stundenweise an [3].Um Energie einzusparen brachte der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller eine Absenkung der Mindesttemperatur in Mietwohnungen ins Spiel[4].

Vonovia beruft sich bei der Absenkung der Mindesttemperatur auf Vorgaben der Bundesregierung Gas einzusparen. Gibt es tatsächlich solche Vorgaben?

Der Notfallplan Gas regelt die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Gas, sollte die Versorgung nicht mehr sichergestellt sein. Die privaten Haushalte sind dabei eine besonders geschützte Gruppe, die auch bei Engpässen weiter beliefert werden soll. Auch bei den weiteren Alarmstufen gibt es aktuell keine Vorgaben für Einsparungen bei Privathaushalten.

Welche Temperaturen muss eine Wohnung erreichen?

Eine gesetzliche Vorgabe, wie warm es in einer Wohnung sein muss, gibt es nicht. Grundsätzlich muss die Wohnung aber ausreichend warm werden. Was ausreichend heißt, kann in Mietverträgen geregelt sein oder wird im Zweifel von Gerichten entschieden. Gerichte sehen regelmäßig eine Spanne von 20 bis 22 Grad Celsius tagesüber (ca. 6-23 Uhr) als angemessen an. Eine Nachtabsenkung auf 17°C oder 18°C wurde von Gerichten in der Regel als zulässig angesehen.

Gibt es Ausnahmen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob Menschen, die in Früh- und Nachtschichten arbeiten auch nachts einen Anspruch auf eine wärmere Wohnung haben. Dies wird von Gerichten regelmäßig verneint. Eine Ausnahme kann es geben, wenn aus medizinischen Gründen eine wärmere Wohnung notwendig ist. 

Was, wenn die Wohnung nicht ausreichend warm wird?

Wenn die Wohnung nicht ausreichend warm wird, obwohl die Heizung stundenlang läuft, liegt ein Mangel vor. Mieter:innen können dann ihre:n Vermieter:in auffordern eine ausreichende Beheizung sicher zu stellen.

Mieter:innen sind in einer solchen Situation ebenfalls zur Mietminderung berechtigt. In welcher Höhe hängt auch davon ab, wie warm es tatsächlich wird und wie lange der Mangel besteht.

Der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. bietet einen Ratgeber zur Mängelbeseitigung und Mietminderung an.

Darf das Warmwasser über Nacht abgeschaltet werden?

Nein. Warmwasser muss rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden. Anders als bei der Heizung ist eine Absenkung oder Abschaltung nicht zulässig. Mieter:innen müssen dies nicht dulden.

Einvernehmliche Lösungen möglich

Es ist jederzeit möglich weitere Einsparungen einvernehmlich zu vereinbaren. Wenn alle Mieter:innen im Haus einverstanden sind oder dies wünschen, kann das Warmwasser oder die Heizung weitergehend eingeschränkt werden. 

Transparenz bei steigenden Energiekosten notwendig

Wie sich die Preise und die Versorgungssituation im Laufe des Jahres verändert wird, kann heute noch nicht seriös abgeschätzt werden. Sofern allerdings jetzt schon Preise von Gasversorgern erhöht werden und sich damit absehbar die Heizkostenabrechnungen erhöhen, erwartet der Mieterverein von den Vermieter:innen mehr Transparenz: „In den Medien geistern immer wieder Zahlen, wie stark sich die Heizkosten erhöhen. Dies sorgt natürlich für Verunsicherung. Hilfreich wäre es, wenn es zeitnah Informationen für die Mieter:innen gäbe, inwiefern und in welcher Höhe die Gaspreise für ihr Haus angepasst wurden“, sagt Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins.

Einige große Wohnungsunternehmen sind zwischenzeitlich über Tochterfirmen ebenfalls in den Energiemarkt eingestiegen. So liefert beispielsweise die Vonovia Energie Service GmbH das Gas für einen Großteil der Vonovia Wohnungen in Dortmund. Auch die LEG beliefert Bestände über ihre Tochter EnergieServicePlus GmbH mit Gas.  Bereits vor den steigenden Gaspreisen hatten Mieterschützer gefordert, dass das Unternehmen Einkaufsgewinne direkt an die Mieter:innen weitergibt und keine eigenen Konzerngewinne abrechnet.

In der aktuellen Situation ist die Forderung aus Sicht des Mietervereins wichtiger denn je: „Wenn Vonovia und LEG mit Blick auf die steigenden Gaspreise die Raumtemperaturen absenken, erwarten wir ebenfalls, dass sie auf mögliche Konzerngewinne in den Heizkostenabrechnungen verzichten. Sollten die Konzerne hierzu nicht bereit sein, erwarten wir aber zumindest die Ehrlichkeit darzulegen, wie viel günstiger die Gaspreise sein könnten“, stellt Markus Roeser klar.

Rücklagen bilden

Soweit möglich, empfiehlt der Mieterverein seinen Mitgliedern ausreichend Geld zur Seite zu legen, um auch hohe Nachforderungen zahlen zu können. Gerade für Menschen mit geringen Einkommen ist dies allerdings schwierig. Hier sind aus Sicht des Mietervereins weitere finanzielle Hilfen notwendig.

Weitere Tipps

Informationsveranstaltung zur Energiepreiskrise (März 2022 mit Verbraucherzentrale Dortmund und Caritas Energiesparservice)

Kostenlose Energiesparchecks


[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/leg-waermeverzicht-mieter-gaspreise-101.html

[2] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/vonovia-heizdeckel-gaskriese-russland-mieterbund-101.html

[3] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dippoldiswalde-sebnitz/preise-energie-wohnungsgenossenschaft-warmwasser-abgedreht-100.html

 [4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/netzagentur-schlaegt-absenkung-der-gesetzlichen-mindesttemperatur-vor-a-6e76c498-930d-4718-a947-0c5ed6c9d20d


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