12. Februar 2016 (Wohnungspolitik, Ex-Griffin, Vonovia)

Besser Wohnen – in zehn Jahren

Leerstand, verwahrloste Häuser und Konflikte unter den Mietparteien – Westerfilde gilt seit Langem als Problemstadtteil. 10,9 Millionen Euro sollen jetzt über das Stadterneuerungsprogramm in den Stadtteil fließen – doch bis sich Effekte einstellen, wird es dauern.

Westerfilde

„Viele Menschen hier sind unzufrieden mit der Entwicklung des Stadtteils“, erzählen Monika Hohmann und Walburga Ströter. Die beiden sind Sprecherinnen des Mieterbeirats Westerfilde und damit Ansprechpartnerinnen für Mieterinnen und Mieter im Bezirk. Womit die Westerfilder unzufrieden sind: mit dem Zustand vieler Wohnungen und Häuser, mit den Hausverwaltungen, aber auch mit der Lebensqualität.

Investoren statt Vermieter

Die Wohnblocks und Hochhäuser, die in Westerfilde-Mitte stehen, waren in den 1970er-Jahren besonders für Gering- und Normalverdiener errichtet worden. Sie gehörten ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, bei vielen Wohnungen war der Mietpreis begrenzt. Heute ist das anders: Viele der Wohnungsbestände in Westerfilde wurden seit 2005 mehrfach verkauft -– von einem Finanzinvestoren zum nächsten bis in die Hände börsennotierter Wohnungsunternehmen wie GAGFAH oder der LEG. Mangelnde Instandhaltung, Mängelbeseitigung und eine schlechte Wohnungsverwaltung lösten die Abwärtsspirale aus, die auf den ganzen Stadtteil ausstrahlte.

Besonders betroffen sind die unter dem Namen Griffin bekannt gewordenen Wohnungen in Westerfilde-Mitte. Auch Monika Hohmann und Walburga Ströter wohnen im Quartier südlich der Westerfilder Straße „Fünfmal wurde unsere Siedlung in den letzten 10 Jahren verkauft“, sagt Monika Hohmann. Zuletzt ist das im September passiert, als der Eigentümer GAGFAH mit der Deutschen Annington zum Riesen Vonovia fusionierte. Mit jedem neuen Eigentümer kam eine neue Verwaltung. Konzepte und Investitionen für die Zukunft des Wohnquartiers waren in der Vergangenheit nicht zu erkennen.

Fast elf Millionen für den Stadtteil

Ein großangelegtes Stadterneuerungsprogramm soll es jetzt richten: 10,9 Millionen Euro erhalten Westerfilde und Bodelschwingh aus dem „Aktionsplan Soziale Stadt“, 80 Prozent davon trägt das Land NRW, 20 Prozent die Stadt Dortmund. In einem sogenannten Integrierten Handlungskonzept sind 24 Maßnahmen festgehalten, die in den kommenden zehn Jahren umgesetzt werden sollen.

So sollen Fassaden und Höfe oder der Fußballplatz von Germania Westerfilde/Rot-Weiß Bodelschwingh, aber auch der Marktplatz, Straßenzüge und Spielplätze erneuert werden. Ein wichtiger Punkt ist auch die Stärkung des Gemeinwesens. Schon jetzt gibt es in der Bürgerwohnung oder im AWO-Begegnungszentrum Angebote für Jugendliche und Familien, Migranten und Ältere, die ausgeweitet werden sollen. Ein Quartiersmanagement soll die Maßnahmen ab Frühjahr 2016 koordinieren.

Der Mieterverein forderte bei der Erarbeitung des Stadterneuerungskonzeptes wiederholt „harte“ Instrumente, zum Beispiel Instandsetzungs- und Modernisierungsgebote. Damit solle die Verhandlungsmacht der Stadt Dortmund gegenüber den Eigentümern gestärkt werden, falls diese ihren Pflichten für den Stadtteil und Investitionen in den Wohnungsbestand nicht nachkommen. Die Stadt Dortmund ist zuversichtlich, dass die Großvermieter mitziehen.

Vonovia in der Verantwortung

Vor allem Vonovia ist ein Schlüsselakteur. Dem Immobilienriesen gehören mit dem früheren Griffin-Bestand knapp 700 Wohnungen in Westerfilde-Mitte. „Wohnungen, die Viterra, der Vorgängerkonzern von Vonovia, 2005 loswerden wollte, sind nun über das GAGFAH-Paket wieder zurück in den Konzern gekommen“, erklärt Dr. Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund. „Vonovia ist nun in der Verantwortung, ein langfristig tragfähiges und zugleich soziales Entwicklungs- und Investitionskonzept zu erarbeiten. Das Stadterneuerungsgebiet bietet hierfür die besten Rahmenbedingungen. Der Staat kann aber nicht alleine die Fehler und Spekulationsfolgen der Voreigentümer ausgleichen.“

Voraussetzung ist, dass die in Westerfilde vertretenen Unternehmen sich an dem Prozess beteiligen – in einer Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Dortmund haben sich acht private und öffentliche Unternehmen sowie Finanzinvestoren bereit erklärt, „sich gemeinsam für eine bessere Zukunft in Bodelschwingh/Westerfilde einzusetzen“, heißt es in der Vereinbarung.

Vonovia zeigt sich in Sachen Quartierserneuerung kooperativ. Seit Anfang des Jahres habe man sich um die Instandhaltung der Wohnungen und um Außenanlagen gekümmert, so Pressesprecherin Nina Henckel, derzeit sei ein Konzept für weitere Baumaßnahmen in Arbeit. Am Kiepeweg und am Gerlachweg entstehen außerdem gerade zwei neue Spielplätze.

Kleinigkeiten hätten sich gebessert, haben Monika Hohmann und Walburga Ströter festgestellt. „Es gibt jetzt einen Ansprechpartner, bei dem wir uns melden können. Und Fenster haben wir auch endlich bekommen.“ An anderen Neuerungen wie barrierefreien Wohnungen für ältere Menschen mangelt es nach wie vor.

Die Frauen vom Mieterbeirat sind skeptisch. „Natürlich hoffen wir, dass die Maßnahmen gut umgesetzt werden und wirken“, sagt Monika Hohmann. Ob sie in zehn Jahren noch hier wohnen wird? „Ich weiß es nicht.“ 

Autor: Alexandra Gerhardt, erschienen im MieterForum 4/2015


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