30. August 2012 (Miet- und Wohnungsrecht, Vonovia)

Deutsche (Annington) Wohninkasso GmbH: Mieter einschüchtern und Geld verdienen.

Amtsgericht Dortmund urteilt: Inkassogebühren in vielen Fällen rechtswidrig und überflüssig. Gerade bei fondgebundenen Eigentümern von Wohnungen und Wohnsiedlungen ist es in Mode gekommen, Mietern Inkassounternehmen auf den Hals zu schicken.

Hierzu berichteten die Dortmunder Medien in den vergangenen Wochen. Das größte deutsche Wohnungsunternehmen, die auch im Ruhrgebiet stark vertretene Deutsche Annington, hatte im August 2011 ihre eigene Mahnabteilung ausgegliedert und – als 100-prozentige Tochter – die Deutsche Wohn-Inkasso GmbH gegründet. Diese Konstruktion hat den Vorteil, dass dieses Inkassounternehmen – anders als die Deutsche Annington selbst – nun Inkassogebühren in erheblicher Höhe kassieren kann. Diese zusätzlichen Ein-nahmen verdient bloß nicht das Inkasso-Unternehmen, sondern – aufgrund der Konzernzugehörigkeit – die Deutsche Annington selbst.

Dieses bekommen vor allem Mieterinnen und Mieter zu spüren, die berechtigterweise Mietanteile nicht zahlen. In den meisten Fällen dann, wenn Nachzahlungen aufgrund erteilter Heiz- und Betriebskostenabrechnungen gefordert werden, der Mieter aber Einwände erhebt und von seinem gesetzlichen Prüfungsrecht Gebrauch macht.

Amtsgericht Dortmund urteilt: Gebühren rechtswidrig

Das Amtsgericht Dortmund hat nun einen Fall entschieden, in dem die Deutsche Annington für eine rückständige Heizkostennachzahlung in Höhe von 175,00 € für die zweite Mahnung eine Inkassogebühr von insgesamt 45,00 € verlangt. (Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 08.08.2012 - 425 C 6285/12 -).

Eine solche Gebühr sei rechtswidrig, befand das Amtsgericht. Wenn ein Mieter eines Wohnungsunternehmens ohne Grund nicht zahlt, kann ein Großvermieter selbst mahnen. Auch eine Mahnung eines Inkassobüro ist ein EDV-Schreiben, mit denkbar geringem Aufwand und geringen Kosten. Das sei gerade einem Großvermieter zuzumuten. Dieser darf nicht unnötige Kosten produzieren, indem er ein Inkassobüro oder einen Rechtsanwalt beauftragt. Bis Mitte 2011 hat die Deutsche Annington – für deutschlandweit rund 200.000 Wohnungen dieses ohne weiteres selbst erledigen können, wie zuvor z. B. auch die dann von der Deutschen Annington gekaufte Viterra.

Das Amtsgericht Dortmund beruft sich dabei auf mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), von denen eine bereits gegenüber der Deutschen Annington ergangen war. In diesem Urteil war der BGH der Auffassung, dass ein Großvermieter auch keine Rechtsanwaltkosten für eine Kündigung verlangen kann, wenn sich diese Kündigung ganz simpel mit zwei grundlos nicht gezahlten Mieten begründen lässt. Eine solche Kündigung kann jedes Wohnungsunternehmen selbst fertigen, dazu bedarf es noch nicht einmal eines Juristen.

Erst recht gilt das für eine simple Anmahnung aus einer Abrechnung. Gesetzlich sind Mieter berechtigt, ein Jahr lang Einwendungen gegen eine Abrechnung zu erheben. Diese muss ein Vermieter sowieso bearbeiten. Dann ist ihm erst recht zuzumuten, eine simple Mahnung zu schreiben.

Amtsgericht Dortmund: Inkasso überflüssig & dient nur dem Geld verdienen

Das Amtsgericht ist der Auffassung, dass durch die Geltendmachung von Mahngebühren die Deutsche Annington ihre Schadensminderungspflicht verletzt.

„Die Klägerin hat durch jahrelange Übung gezeigt, dass die Tätigkeit von ihr ausgeübt werden kann. Erst die Bemühungen, Kosten zu reduzieren und Einnahmen zu produzieren, haben zu der jetzt gewählten Konstruktion geführt. […] Das Gericht verkennt nicht, dass die Rückstände in der Woh-nungswirtschaft von mehreren 100 Mio. Euro durchaus ein gewichtiges Problem darstellen, aber so-wohl der Klägerin wie auch anderen Großvermietern ist es in den letzten Jahren gelungen, diese Rückstände immer weiter zurückzufahren, ohne dass es der Ausgliederung der Inkassoabteilung bedurfte. Die Klägerin weist in Ihrer Kundenzeitung ja auch nur daraufhin, dass es sich um eine neue Serviceleistung handelt, aber nicht, dass hierdurch den Mietern neue bisher nicht anfallende Kosten entstehen.“

„Da die Klägerin gerichtsbekanntermaßen generell versucht, Kosten bei Personal und Instandsetzungen so niedrig wie möglich zu halten und äußerst kostenbewusst ist, spricht die Tatsache, dass die Klägerin das Inkasso nicht an einen Dritten sondern an ein neu gegründetes Inkassounternehmen übertragen hat, wohl auch eher dafür, dass es hier auch darum geht, Einnahmen zu generieren. Die Kosten hätten allein durch die Auslagerung reduziert werden können. Nur dadurch, dass die Auslagerung im Konzern bleiben, konnten auch Einnahmen erzielt werden.“

Diese Entscheidung wird vom Mieterverein Dortmund begrüßt: „Es handelt sich hier um Dauerschuldverhältnisse, die oftmals bereits seit Jahrzehnten bestehen. Wenn ein Mieter eine einzelne Zahlung einmal verspätet zahlt, berechtigt dieses den Vermieter nicht, sich mit unverhältnismäßig hohen Kosten zu bedienen.“ so Holger Gautzsch, Rechtsanwalt beim Mieterverein Dortmund.

Mieter werden eingeschüchtert

„Aus unserer Sicht haben sich durch die Installation der Deutschen Wohn-Inkasso noch ganz andere Probleme ergeben“, ergänzt Holger Gautzsch.

„Mieter werden bei weitem nicht nur gemahnt, sondern regelrecht eingeschüchtert. Mahnungen kommen in leuchtend-blauen Briefen. Regelmäßig erfolgen Telefonanrufe oder auch Hausbesuche. Nach unserer Erfahrung betrifft dieses auch Mieter, die vollkommen berechtigt Mietanteile nicht zahlen. Die Konzerntochter ‚Deutsche Wohninkasso‘ stellt sich dabei regelmäßig doof und weiß angeblich nicht, dass eine Abrechnung unberechtigt, nicht fällig oder die Miete wegen Mängeln gemindert ist.“ so Gautzsch weiter.

Deutsche Wohninkasso droht mit Vollstreckung von längst bezahlten Urteilen

Hart an der Grenze der Strafbarkeit agierte die Deutsche Wohninkasso gegenüber ihren Mieter, den Eheleuten R. Die Eheleute R. sind seit 30 Jahren Mieter der jetzt der Deutschen Annington gehörenden Wohnung. Ende der neunziger Jahre hatte die Wohnung Mängel, welche die damalige Viterra nicht beseitigte. Stattdessen wurden die Mieter verklagt und verloren den Prozess.

„Das Gericht hat uns verurteilt, die geminderte Miete nachzuzahlen“, sagt Frau R. „Das waren 1999 1.394,24 DM, die haben wir sofort gezahlt.“ Das Urteil war damit erledigt. Seit rund 13 Jahren haben die Eheleute R. pünktlich Miete gezahlt, nie eine Mahnung erhalten. Dann meldete sich Ende 2011 die Deutsche Wohninkasso GmbH. Es läge ein gerichtlicher Titel vor, es solle binnen zwei Wochen gezahlt werden. Ansonsten werde aus dem Titel vollstreckt.

Die Eheleute R. trauten ihren Augen nicht, konnten sich zunächst auch nicht erinnern, worum es gehen sollte. Durch die Einschaltung des Mietervereins Dortmund konnte das dann rekonstruiert werden. Mit viel Mühe konnten die Eheleute R. dann nachweisen, den damaligen Titel auch gezahlt zu haben.

„Dieses ist ein gutes Beispiel dafür, wie losgelöst von jeglichen Realitäten und wie skrupellos die Konzerntochter der Deutschen Annington agiert. Es gab keine Forderung mehr, dieses ist dann in über zehn Jahren Mietverhältnis nicht angemahnt worden. Es handelt sich hierbei auch nicht etwa um ein Versehen.“ erläutert Holger Gautzsch vom Mieterverein Dortmund.

Aus dem Schriftwechsel mit dem Mieterverein ergibt sich, dass die Deutsche Wohninkasso die Vollstreckung aus einem Urteil angedroht hatte, dass diese noch nicht einmal vorliegen hatte. Nachdem die R. nicht zahlten, sondern sich erst nach der angeblichen Schuld erkundigten, hatte das Unternehmen eine zweite Ausfertigung des Urteils beim Amtsgericht angefordert.

Für Mieter gilt:

Bei Mahnungen immer genau kontrollieren, was wann nicht gezahlt worden sein soll. Inkassogebühren bei Wohnungsunternehmen nicht zahlen.

Wenn Sie gegen eine Abrechnung Widerspruch eingelegt haben, oder berechtigt Miete mindern, lassen Sie sich auf keine Telefonate mit Inkassounternehmen ein, schmeißen Sie Hausbesuche raus. Lassen Sie sich von bunten Briefen nicht beeindrucken.

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e. V. -  30.08.2012


© 2010-2024 Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.
Impressum
Datenschutz