14. Dezember 2011 (Wohnungspolitik, Hannibal Dorstfeld)

Dorstfelder Hannibal für 7.000.000 Euro (!) versteigert

Am Mittwochmorgen (14.12.2011) ist beim Dortmunder Amtsgericht der Dorstfelder Hannibal im Rahmen der Zwangsversteigerung für 7.000.000 Euro an die Lütticher 49 Properties GmbH mit Sitz in Berlin verkauft worden. Damit ging der Hannibal für fast das doppelte des Verkehrswertes von knapp 3,7 Millionen € über dem Tisch. Hinzuzurechnen sind zu dem Investitionen von mindestens 9.320.000 € um akute Bauschäden und -mängel zu beheben.

Drei Parteien lieferten sich eine dreistündige Bieterschlacht mit über 200 Geboten. Zum einen die Lippstädter Tramontana GMBH, vertreten durch Detlef Gründer, der mit seiner Deutschen Haus- und Grundbesitz 24 GmbH vor einem Jahr Bestände der Janssen und Helbing Unternehmensberatung in Westerfilde und der Dortmunder Nordstadt erwarb. Zum anderen die in Dortmund bisher unbekannte DG Deutsche Grundbesitz GmbH in Neu-Ulm. Den Zuschlag bekam für 7.000.000 Euro die Lütticher 49 Properties GmbH mit Sitz in Berlin, die durch vier Personen vertreten war. Verhandlungsführer Dr. Holger Lerche von der Kanzlei Jung und Schleicher aus Berlin wollte nach Abschluss der Versteigerung jedoch keine Auskunft zum Unternehmen, den Eigentümern und zur Strategie für den Hannibal in Dorstfeld machen. 

Neuer Eigentümer vermutlich auf Einkaufstour in NRW

„Auf Basis der Handelsregistereinträge (siehe Anlage) vermuten wir, dass die Lütticher 49 Properties GmbH in Verbindung mit der GrandCity-Gruppe steht, deren Eigentümer über verschiedene Gesellschaften Wohnungen in NRW erworben haben. Darunter auch die 366 Wohnungen an der Erpachtstraße/Weiße-Ewald-Straße in Dortmund Aplerbeck, die zum Jahresende 2010 bzw. zum Mai 2011 von der GAGFAH an die Residential Dortmund I Grundstücks GmbH und die Residential Dortmund II Grundstücks GmbH veräußert wurden." so Dr. Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

„So war die Grand-City-Gruppe im Namen verschiedener Gesellschaften in den vergangenen Monaten in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens auf Einkaufstour und erwarb problematische Bestände – mit teilweise sehr hohen Investitionsbedarfen – u.a. in Solingen, Erkrath, Bielefeld und Lünen. Dort die Siedlung Hirtenweg, die ebenfalls aus der Insolvenzmasse der Jansen und Helbing GmbH stammt.“ so Dr. Tobias Scholz weiter.

Welche Strategie der Eigentümer für den Dorstfelder Hannibal mit bringt ist unklar. „To make it nice …and bring nice people“ so formulierte es ein weiterer Vertreter des neuen Eigentümers im Anschluss an die Versteigerung. „Wir haben die Befürchtung, dass der neue Eigentümer keine ausreichende wohnungswirtschaftliche Erfahrung besitzt, um eine Sanierung und Bewirtschaftung des Hannibals in Dorstfeld-Süd zu leisten, sondern den Hannibal als Spekulations- und Abschreibungsobjekt nutzt. Ein Kaufpreis, der fast das doppelte des Verkehrswertes beträgt, verheißt für die Mieter nichts Gutes.“ so Mietervereins Geschäftsführer Rainer Stücker.

Für die Mieter ist jedoch wichtig, dass der Eigentümerwechsel keine Veränderung mit ihrem Mietvertrag mit sich bringt. Es gilt der Grundsatz ‚Kauf bricht nicht Miete!‘“ so Rainer Stücker vom Mieterverein Dortmund.

 Zukünftige Wärmeversorgung unklar

Ungeklärt ist die Frage der Wärmeversorgung für die Wohnungen im Hannibal. So gehört die Heizzentrale und -anlage der Firma EGC und war nicht Teil der Insolvenzmasse. Bisher bestand eine Grunddienstbarkeit, dass die Wärme im Rahmen eines Contracting Modells durch die Firma EGC bezogen werden muss. Diese Verpflichtung ist mit dem heutigen Verkauf im Rahmen der Zwangsversteigerung erloschen. So könnte die Firma EGC Ihre Heizzentrale abbauen, wenn es zu keinem Folgevertrag oder einem Verkauf der Heizungsanlage kommt. „Die Lütticher 49 Properties GmbH ist in jedem Fall verpflichtet den Mietern funktionierende Heizungen und damit warme Wohnungen bereit zu stellen. Die Mieter dürfen gerade angesichts der jetzigen Wintermonate nicht zwischen die Fronten geraten“ so Rainer Stücker vom Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Hintergrund

Der Dorstfelder „Hannibal“ (412 WE mit 130 Leerständen) erbaut durch die DOGEWO21, wurde im Rahmen eines Verkaufspakets mit 800 Wohnungen im Mai 2004 an die Janssen und Helbing Unternehmensberatung veräußert. Das Unternehmen hatte in Dortmund (und auch anderen Städten) insbesondere Hochhausanlagen aufgekauft. Das Unternehmen geriet in die Insolvenz. Die Anlagen standen sämtlich unter Zwangsverwaltung. Sie berichteten vergangene Woche über die Verurteilung des ehemaligen Geschäftsführers des Unternehmens Elmar U. („Dr. Schneider“) wegen Betrugs vor dem Landgericht Essen.

Hoher Instandsetzungsbedarf

Das Wertgutachten für den Dorstfelder Hannibal weist einen Verkehrswert von knapp 3,7 Millionen € aus bei einem geschätzten vorläufigen Ertragswert von 14,3 Millionen €. Der Umfang der Baumängel und Bauschäden beläuft sich laut eines Sondergutachtens auf mindestens 9.320.000 €. Der hohe Instandsetzungsbedarf scheint daher realistisch berücksichtigt worden zu sein. Im Wertgutachten wird erläutert, dass ein höherer Vermietungsstand erst nach längerer Zeit und nach Instandsetzungsmaßnahmen erreicht werden kann.

Pressemeldung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. 14.12.2011


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