27. März 2020 (Miet- und Wohnungsrecht, Wohnungspolitik, Corona)

Zum 3. April ist die nächste Miete fällig – viele Mieter mit starken Einkommensverlusten: Welche Rechte haben Mieter nach der neuen Rechtslage ? - Tipps und Empfehlungen für Betroffene

Wer jetzt schon von Kurzarbeit betroffen ist, verfügt im April nur über ca. 60 – 65 % des bisherigen Netto-Eikommens, Selbstständigen brechen Einnahmen weg, gleichzeitig gibt es nur geringe Sparoptionen bei den Ausgaben. Zum 3. April ist die bisherige Miete in voller Höhe zu zahlen. Viele Betroffene fragen sich, wie sie jetzt oder im Mai „über die Runden“ kommen, ohne Stress und Ärger zu riskieren.

Foto: C. Ullmann

Wie berichtet hat der Bundestag beschlossen, Mieter befristet für drei Monate vor Kündigungen zu schützen, die Miete ist „am Ende“ (nach einem Zeitaufschub von bis zu 24 Monaten) aber voll zu entrichten (siehe auch unsere Pressemitteilung  vom 25.03.2020)

„Viele Mieter sind stark verunsichert; wissen auch nicht, ob man „einfach weniger“ zahlen darf, wie man sich richtig verhält.“, ist das Fazit von Rainer Stücker nach den zahlreichen Beratungs-Telefonaten des Mietervereins Dortmund in den letzten Tagen. Deshalb der Versuch, wichtige Infos und Tipps für Betroffene „auf den Punkt“ zu bringen:

Was ist neu?

Es gibt ab April 2020, zunächst für die kommenden drei Monate, ein Kündigungsverbot für Vermieter bei „Corona-bedingten“ aktuellen Zahlungsrückständen. Solche Mietrückstande müssen dann innerhalb von 24 Monaten nachgezahlt werden.

Wer ist geschützt?

Eben nur diejenigen, die in Folge der Corona-Krise jetzt deutlich weniger Geld zur Verfügung haben. Betroffene sind verpflichtet, beim Wohnungsamt Wohngeld oder, bei sehr geringem jetzigen Einkommen, vorübergehend ergänzende ALG II-Leistungen beim Job-Center zu beantragen (Hinweis: es wurde jetzt gesetzlich festgelegt, dass die aktuelle Miete für sechs Monate voll anerkannt wird!).

„Dann kann ich, wie gefordert, darlegen, dass ein jetzt nicht vermeidbarer Mietrückstand 'Corona-bedingt' ist und habe kein Kündigungsrisiko.“, erklärt Rainer Stücker.

Einfach weniger zahlen?

Rein rechtlich könnte man weniger zahlen und warten, bis der Vermieter nachfragt. Besser ist es, sofort den Kontakt per Mail, Anruf oder Brief zu suchen und die eigene aktuelle Arbeits- und Einkommenslage zu erläutern. Sofort oder später Verdienstbescheinigungen, Bestätigungen des Arbeitgebers über Verdienstausfälle, Anträge auf staatliche Leistungen, Leistungsbescheide von Behörden vorlegen. Für Mieter oder Pächter von Gewerbeimmobilien sind dies behördliche Verfügungen, durch die ihnen der Betrieb untersagt oder erheblich eingeschränkt wird.

Empfehlung: Stundungen- und Ratenzahlungen schriftlich vereinbaren

Dies hat Vorteile für beide Seiten: der Vermieter weiß, in welcher Höhe er „warten muss“ und ab wann in welcher Höhe Rückzahlungen erfolgen. Da diese Vereinbarung verbindlich ist, habe ich als Mieter die Sicherheit, dass es keinen Stress mit Mahnungen oder Zahlungsaufforderungen gibt, selbst wenn keine Kündigung zulässig ist. Das Kündigungsverbot stärkt die Mieterposition, man kann gewissermaßen „auf Augenhöhe verhandeln“. Schlägt der Vermieter den Text vor, rechtlich abgleichen; mieterfreundliche Muster und Infos z.B. auf der Internetseite des Mietervereins Dortmund (pdf).

Mietervereine fordern weitere Verbesserungen für Mieter:

Richtig ist, dass der Gesetzgeber kurzfristig mit dem Kündigungsverbot ein klares Signal gesetzt hat, allerdings ist aktuell die Absicherung für Mieter noch „löchrig“:

  • Nicht nur die fristlose Kündigung, auch sog. ordentliche Kündigungen mit gesetzlicher Frist (drei Monate oder mehr) müssen eindeutig ausgeschlossen sein.
  • Mahnbescheide bzw. Zahlungsklagen sollte es nicht geben, jedenfalls nicht mit Kostenfolgen für Mieter.

Vermieter als Verlierer ? Wen trifft es wirklich am Härtesten?

„Viele private Vermieter, die ihre Mieter kennen und jahrelang pünktlich die Miete erhalten haben, sind sicherlich zu fairen Regelungen bereit; größere Unternehmen haben Kündigungs- und Mietererhöhungsverzicht zugesagt.“, hebt Rainer Stücker hervor. „Einkommensverluste treffen aktuell noch eine Minderheit von Mietern und viele werden, wenn es eben geht, weiterhin die volle Miete leisten wollen.“, so die Erfahrungen beim Mieterverein, soweit es um Wohnungsmieter geht.

„Dramatisch ist aktuell die Lage gewerblicher Mieter, wenn alle Einnahmen wegbrechen und kaum Rücklagen vorhanden sind, dann kann die Krise auch Vermieter treffen.“, erläutert Rainer Stücker.

„Um uns alle zu schützen, sind Betriebe geschlossen und ohne Einnahmen, viele Arbeitnehmer haben nur 60% ihres Einkommens. Wer die neuen gesetzlichen Regelungen zum Corona-bedingten Zahlungsaufschub als „einseitigen Freibrief“ zu bezeichnet, ignoriert wie hart es gerade andere Gruppen trifft“, kritisiert Rainer Stücker aktuelle Äußerungen der Vermieter-Lobby.

Fond-Lösungen für Mietschulden?

Sinnvoll und richtig sind daher Forderung noch Fondlösungen auf Bundesebene. So fordern aktuell Mieter- und Vermieterverbände, z.B. der Deutsche Mieterbund (DMB) als Dachverband der Mietervereine und der GdW (Verband der Wohnungswirtschaft) von der Politik einen „Sicher-Wohnen-Fonds“. Dieser soll  Mietausfälle zunächst  übernehmen, um Wohnsicherheit für Mieter und finanzielle Sicherheiten für Vermieter gleichzeitig zu schaffen.[1]


[1] Siehe die Pressemitteilung des DMB vom 18.03.2020 (https://www.mieterbund.de/startseite/news/article/55290-dmb-und-gdw-fordern-einen-sicher-wohnen-fonds.html) und die Vorschläge des Beratungsinstitutes empiricia zur Funktionsweise eines Fonds (https://www.empirica-institut.de/nc/nachrichten/details/nachricht/mieterschutz-in-zeiten-von-corona/)

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 27.03.2020


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