3. August 2017 (Urteile des BGH, Miet- und Wohnungsrecht)

Neues aus Karlsruhe

Hier stellen wir aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Mietrecht vor.

Zusammenfassung mehrerer 
Betriebskostenarten führt zur 
formellen Unwirksamkeit

Der Fall

Bei der Erstellung einer Nebenkostenabrechnung fasste ein Vermieter die Kosten für Straßenreinigung und Grundsteuer als eine Rechnungsposition zusammen. Die Einzelbeträge beider Betriebskostenarten wurden dabei addiert. Die Mieter akzep-tierten die Abrechnung nicht, sodass der Vermieter den Nachzahlungsbetrag einklagte.

Die Entscheidung

Die einfache Rechtsfrage war, ob die undifferenzierte Zusammenfassung der Kosten für Straßenreinigung und Grundsteuer in einer Abrechnungsposition zur Folge hatte, dass die Betriebskostenabrechnung für diese Position aus formellen Gründen unwirksam sei.

Die Entscheidung wurde mit Spannung erwartet, weil der Bundesgerichtshof die Anforderungen für eine formelle ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung ständig abgesenkt hatte. Nach Auffassung des BGH ist es notwendig und ausreichend, wenn ein Mieter die berechneten Kosten aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen kann, und die Einsichtnahme in vorhandene Rechnungsbelege nur noch zur Kontrolle und zur Beseitigung von Zweifeln erforderlich ist.

Dies wurde im vorliegenden Fall von den Karlsruher Richtern unter Hinweis auf die Betriebskostenverordnung verneint. Eine ausreichende Nachvollziehbarkeit für den Mieter ist nur dann gewährleistet, wenn der Vermieter eine Auflistung vornimmt, die den einzelnen Bezeichnungen der 17 verschiedenen Betriebskostenarten dieser Vorschrift entspricht.

Vorliegend waren die abgerechnete Positionen „Kosten für Straßenreinigung“ (Nr. 8 des Betriebskostenkataloges) in den Kosten für die Grundsteuer (Nr. 1 des Betriebskostenkataloges) enthalten. Hier wurden also zwei verschiedene Ziffern zusammengefasst. Dies sah der Bundesgerichtshof als formell fehlerhaft an. Eine Ausnahme sehen die Richter lediglich dann, wenn sachlich zusammenhängende Kosten, beispielsweise für Frischwasser und Schmutzwasser zusammengefasst werden.

Das Fazit

Die Entscheidung dieser Rechtslage hat erhebliche Bedeutung. Nun ist klar, dass grundsätzlich die Zusammenfassung mehrerer Betriebskostenpositionen einen formalen Mangel darstellt, mit der Folge, dass Mieter diese Kostenpositionen ersatzlos aus der Abrechnung streichen können und nicht bezahlen müssen.

BGH Beschluss vom 24.02.2017

VIII ZR 285/15

Anforderungen an die Prüfung von 
Härtegründen gekündigter Mieter 
werden erhöht

Der Fall

Die Mieter mieteten im Jahre 1997 eine Dreieinhalbzimmerwohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses an. Der im Verlauf des Rechtsstreits verstorbene Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit der Begründung, er benötige die Wohnung für die vierköpfige Familie seines Sohnes. Dieser bewohnte bisher die im Obergeschoss liegende Wohnung und wollte beide Wohnungen für seine Familie zusammenlegen. Die Mieter widersprachen der Kündigung. Sie argumentierten, dass der Sohn die leer stehende Dachgeschosswohnung nutzen könne. Sie verlangten zudem die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund persönlicher Härte, da der 1930 geborene Ehemann zahlreiche gesundheitliche Einschränkungen habe und an einer beginnenden Demenz leide. Diese drohe sich zu verschlimmern, wenn er aus seiner gewohnten Umgebung gerissen würde. Bei einem Verlust der bisherigen Wohnung sei ein Umzug in eine Altenpflegeeinrichtung nicht zu umgehen. Die Ehefrau erklärte, es sei ihr weder zumutbar sich von ihrem Mann zu trennen noch selbst in ein Altenpflegeheim zu ziehen.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof unterstrich in seiner Entscheidung die besondere Bedeutung, die bei der Prüfung von Härtegründen nach § 574 Abs. 1 BGB dem Gericht zukommt. Insbesondere darf das Gericht nicht zum Nachteil des Mieters unterlassen, sich ein eingehendes eigenständiges Bild von dessen betroffenen Interessen zu verschaffen.

Nach § 574 Abs. 1 BGB kann der Mieter einer an sich gerechtfertigten ordentlichen Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dabei müssen nach Auffassung der Karlsruher Richter die Konsequenzen, die für den Mieter mit einem Umzug verbunden wären, von erheblichem Gewicht sein. Insbesondere müssen sie deutlich über die mit einem Wohnungswechsel verbundenen Unannehmlichkeiten hinausgehen, um als Härtegrund in Betracht zu kommen.

Dies hatte das Berufungsgericht zwar zutreffend erkannt. Es war aber zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Härten keinesfalls Vorrang gegenüber den Interessen der Vermieterseite verdienten. Damit hatte das Berufungsgericht es unterlassen, sich inhaltlich und in der gebotenen Weise mit den Härtegründen des Mieters auseinanderzusetzen.

Gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr sind, so betonte der Senat, die Gerichte bereits verfassungsrechtlich gehalten, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Beweisangeboten muss besonders sorgfältig nachgegangen werden. Macht ein Mieter derart schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen eines erzwungenen Wohnungswechsels geltend, müssen sich die Gerichte bei Fehlen eigener Sachkunde mittels sachverständiger Hilfe ein genaues Bild über die gesundheitlichen Folgen machen. Gegebenenfalls muss geprüft werden, wie wahrscheinlich die Gesundheitsbeeinträchtigungen eintreten können und wie folgenreich sie sein werden. Erst mit dieser Prüfung können die Gerichte die Konsequenzen, die für den Mieter mit dem Umzug verbunden sind, abwägen und sachgerecht gewichten.

Nachdem diese Feststellungen bislang unterblieben waren, hob der Senat das Berufungsurteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Das Fazit

Mit der Entscheidung stärkt der BGH die Rechte von Mietern, die sich auf Härtegründe berufen. Diese stehen gleichwertig neben dem Kündigungsrecht des Vermieters. Selbst bei einer berechtigten Kündigung müssen Mieter nicht ausziehen, wenn die Kündigung für sie eine erhebliche Härte bedeutet.

BGH Urteil vom 15. März 2017

VIII ZR 270/15


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