28. August 2014 (Wohnungspolitik, Ex-Griffin, LEG NRW)

Weichenstellung für Westerfilde: Anforderungen des Mietervereins an das Stadterneuerungskonzept

Dortmund-Westerfilde: Im Herbst 2012 beschloss der Rat der Stadt Dortmund die Aufstellung eines Stadterneuerungskonzeptes für den Stadtteil Dortmund-Westerfilde. In dem im September 2013 vorlegten Zwischenbericht wurde das Untersuchungsgebiet um den direkt angrenzenden Stadtteil Bodelschwingh erweitert und erste Analyseergebnisse vorgestellt.

Speckestr. 12-14 (Corestate)

In verschiedenen Veranstaltungen (Workshops mit Akteuren, Bürgerdialog) wurden in den vergangenen Monaten Zwischenergebnisse vor Ort vorgestellt und diskutiert. Im Herbst 2014 soll das sogenannte Integrierte Handlungskonzept Westerfilde/Bodelschwingh durch den Rat der Stadt Dortmund beschlossen werden. Es bildet dann auch die Grundlage für die Beantragung von Mitteln aus der Städtebauförderung (Stadtumbau). Das Integrierte Handlungskonzept soll ämterübergreifend Maßnahmen koordinieren und sich auf die kommenden 10 Jahre erstrecken.

Weichenstellung für Westerfilde

„Hier werden die Weichen für die zukünftige Entwicklung Westerfildes gestellt. Über das Stadterneuerungskonzept müssen insbesondere die zahlreichen vernachlässigten Wohnungsbestände angepackt werden. Gerade im Zentrum Westerfildes brauchen wir langfristig handelnde Eigentümer. Auch ein Stadtumbau im Sinne des Abrisses oder Rückbau von einzelnen Gebäuden ist ein mittelfristiges Szenario,“ sagte Dr. Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V.

Verhandlungsmacht der Stadt Dortmund stärken

Die Eigentümerstruktur Westerfildes ist durch kurz- bis mittelfristig agierende Vermieter mit geringer Investitionsbereitschaft gekennzeichnet. Finanzinvestoren, Verwerter und die LEG Wohnen als börsennotiertes Unternehmen sind die vorherrschenden Eigentümertypen. Auch Weiterverkäufe sind abzusehen. So hat etwa der Finanzinvestor Corestate (Ex-Griffin) seine knapp 700 Wohnungen mit dem Ziel des Weiterverkaufs nach einigen Jahren erworben. „Die Stadt Dortmund muss daher ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Eigentümern stärken. Hierfür bieten sich insbesondere hoheitliche Instrumente aus dem besonderen Städtebaurecht an. Ohne den ‚Schatten der Hierarchie‘ werden keine langfristig wirksamen Verhandlungslösungen zu erzielen sein. “ so die Einschätzung von Dr. Tobias Scholz.

Ankäufe ermöglichen

Doch auch das Thema der Ankäufe von Wohnungen und das ‚Drehen von Eigentümerstrukturen‘ muss auf die Agenda des integrierten Handlungskonzeptes. „DOGEWO 21 bzw. die Dortmunder Gesellschaft für Stadterneuerung müssen auch in der Lage sein, Wohnungsbestände zu angemessenen Preisen ankaufen zu können. Die städtischen Planungen der Stadt Dortmund zu Gewinnabführungen und Gewinnsteigerungen der DOGEWO21  zeigen hierfür erhebliche finanzielle Spielräume,“ ergänzte Mietervereins-Geschäftsführer Rainer Stücker.

Unterstützung durch das Land NRW

Auch das Land NRW muss nach Auffassung des Mietervereins Dortmund diese Prozesse unterstützen. „Wir haben den Eindruck, dass das Ministerium von Minister Groschek die Fördermittel bevorzugt  in Quartiere mit kooperativen Eigentümern lenken will. Finanzinvestoren sollen nicht mit der Aufwertung des öffentlichen Raumes oder mit Zuschüssen für Investitionen, die ohnehin getätigt würden, in die Hände gespielt werden. Dies ist verständlich und richtig. In Stadtteilen mit Problemimmobilien und vernachlässigten Wohnungsbeständen werden jedoch Mittel der Wohnungs- und Städtebauförderung für Ankäufe, Sanierungsmaßnahmen, sogenannte  ‚nicht-rentierliche‘ Kosten und die sehr aufwändige Prozesskoordination sowie Strategieentwicklung benötigt. Hinzu kommt notwendige Sozialarbeit und offene Mieterberatung in den Nachbarschaften vor Ort. Diese Notwendigkeit haben wir NRW-Wohnungsminister Michael Groschek in einem Brief mitgeteilt und um Unterstützung gebeten.“ erklärt Rainer Stücker. 

Forderungen des Mietervereins

Die Forderungen für das Stadterneuerungskonzept Westerfilde hat der Mieterverein Dortmund in einem Instrumentenkatalog ausgearbeitet. Die Instrumente und ihre Wirkungen sind nachfolgend aufgeführt und auf Plänen dargestellt (pdf - 7 MB). Die Instrumente stehen untereinander in Beziehung und müssen im Rahmen des Stadterneuerungskonzeptes konkret ausgearbeitet und aufeinander abgestimmt werden.

Instrument

Wirkungen / Erläuterungen

„Einfaches“ Stadtumbaugebiet nach §171b BauGB in den gesamten Stadtteilen Westerfilde/Bodelschwingh (Gebiet A)

In beiden Stadtteilen können Maßnahmen im öffentlichen Raum, soziale Infrastruktur und kooperative Wohnungseigentümer aus der Städtebauförderung finanziell gefördert werden (Zuschussförderung)

Stadtumbaugebiet mit Satzung nach §171d BauGB für den Kernbereich Westerfildes (Gebiet C)

Für ein Stadtumbaugebiet oder einen Teil kann eine Satzung zur Sicherung der Durchführungsmaßnahmen erlassen werden.

Sie setzt eine Veränderungssperre in Kraft. Bau, Abriss oder Änderung von baulichen Anlagen bedarf einer Genehmigung (§14 BauGB). Die Genehmigung wird erteilt, solange das Vorhaben einer sozialverträglichen Durchführung der Stadtumbaumaßnahmen nicht im Wege steht.

§   Möglichkeit der Enteignung zum Erhalt oder Beseitigung nach § 85 Abs. 1 Nr. 7 BauGB (im Gegensatz zum Sanierungsgebiet muss hierfür kein Bebauungsplan aufgestellt werden). Übereinstimmung mit dem mit dem ISEK der Gemeinde muss durch Enteignung gegeben sein. „Drohpotenzial für nicht mitwirkungsbereite Eigentümer“

§   Auskunftspflicht nach § 138 BauGB mit Zwangsgeldoption nach § 208 BauGB

§   Vorkaufsrecht nach § 24Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist durch Satzung gegeben, kein eigener Bebauungsplan notwendig (Ersatz der bisherigen Vorkaufsrechtsatzung)

Förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet nach §§142ff. BauGB im Kernbereich Westerfildes (Gebiet C)

Änderungen an den Gebäuden sowie deren Verkauf werden Genehmigungspflichtig.

Die Eigentümer können entstandene Kosten vergünstigt von der Steuer abschreiben lassen. Voraussetzung hierfür ist ein Vertrag mit der Gemeinde oder städtebauliche Gebote. Dies ermöglicht neue Einflussmöglichkeit für die Stadt Dortmund.

Wertsteigerungen, die durch das Sanierungsgebiet erzielt werden, können abgeschöpft werden.

Rückbau, Abriss und Neuerrichtung von Gebäuden im Zentrum Westerfildes (Gebiet D).

Entwicklung von Gestaltungsvarianten und Entwicklunsgszenarien, die den Abriss von Wohngebäuden beinhalten, z.B. der Punkthochhäuser. Ziele hierbei:
- Städtebauliche Aufwertung des Westerfilder Zentrums inkl. eines attraktiver öffentlicher Räume

- Neue Wohnformen und -angebote

- Stärkung des Einzelhandelsstandortes durch die Ermöglichung größerer Ladengeschäfte

 

Modernisierungsgebot- und Instandsetzungsgebot nach § 177 BauGB im Rahmend es Sanierungsgebietes (Schwerpunkt Gebiet C)

Eigentümer können zur Beseitigung von Missständen und Mängel verpflichtet werden. Angedrohte bzw. im Raum stehende Gebote helfen bei der Durchsetzung von Verhandlungslösungen mit dem Vermieter. Der Vermieter hat das Anrecht sich unrentierliche Kosten – soweit nachgewiesen – von der Stadt Dortmund ersetzen zu lassen. Hierfür können insbesondere Mittel der sozialen Wohnraumförderung (Darlehn), der Städtebauförderung (Zuschüsse!) verwendet werden.

Wohnungsaufsichtsrecht und Zweckentfremdungsverbot (wird bisher schon durch das Amt für Wohnungswesen durchgeführt)

Abgestimmte Anwendung des wohnungsaufsichtsrechtlichen Instrumentariums und des Zweckentfremdungsverbot (Leerstand) mit anderen Instrumenten. Verbesserung der Wohnsituation und Stärkung der städtischen Verhandlungsposition gegenüber den Eigentümern.

Offene Mieterberatung
(Schwerpunkt Gebiet C, Verortung in Gebiet D)

Stärkung bei der Inanspruchnahme der Mieterrechte gegenüber Vermietern, z.B., bei Wohnungsmängeln, Mieterhöhungen, Betriebskostenabrechnungen. Der Mieterverein Dortmund würde hier als Kooperationspartner mitarbeiten.

Sozialarbeit
(Schwerpunkt Gebiet D und Teilbereiche C)

Sozialarbeit zur Integrationsförderung, Förderung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens und Konfliktvermittlung. Neue Angebote, aber auch Stärkung bestehender Angebote, wie Falken und Bürgerwohnung.

Strategieentwicklung / Prozesskoordination / Quartiersmanagement

Fördermittel werden für die Finanzierung eines Quartiersmanagements vor Ort, aber auch für die Prozesskoordination und Strategieentwicklung benötigt.

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 28.08.2014


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