31. Juli 2019 (Wohnungspolitik, DEGAG / Altro Mondo)

Altro-Mondo verunsichert Mieter bei geplanter Heizungserneuerung

Anfang Mai bekamen rund 230 Mieterinnen und Mieter in der Dortmunder Nordstadt und in Dortmund-Wickede [1] Post von Ihrer Vermieterin Altro-Mondo (siehe unten „Hintergrund“). Ab dem 01.08.2019 sollen Arbeiten zum Einbau einer zentralen Heizungsanlage beginnen. Eine Mieterhöhung würde dafür nicht anfallen. Was beim ersten Lesen einen tollen Eindruck hinterlässt, hat für die Mieterinnen und Mieter zwei große Haken.

Zum einen werden die Wohnungen über Gasetagenheizungen (Gasthermen) mit Warmwasser und Heizwärme versorgt. Viele Mieter schätzen die Möglichkeit die Heizung entsprechend den eigenen Wünschen steuern zu können, nur den eigenen Verbrauch zu bezahlen und auch einen Versorger und Tarif eigenständig auswählen zu können.

Zum anderen enthält das Altro-Mondo-Schreiben eine Formulierung, die darauf schließen lässt, dass die neue Heizungsanlage nicht mehr dem Vermieter gehört, sondern einem – aktuell unbekannten – Wärmelieferanten gehören wird, der die Mieter mit Wärme beliefern wird.

Wärmecontracting

Bei einer solchen gewerblichen Wärmelieferung (Wärmecontracting) bezahlen die Mieter die Errichtungs- und Instandhaltungskosten über den späteren Wärmepreis. Für Mieterinnen und Mieter hat die Umstellung auf Wärmecontracting in der Vergangenheit häufig zu höheren Warmmieten geführt. Seit 2013 gibt es im Mietrecht (§ 556 c BGB) eine neue Vorschrift, dass bei einer Umstellung auf Wärmecontracting der Wärmepreis nicht höher sein darf, als der durchschnittliche Wärmeverbrauch der drei zurückliegenden Abrechnungsjahre.

„Voraussetzung für eine Umstellung auf Wärmecontracting ist eine Eigenversorgung der Wohnungen durch den Vermieter. Dies ist bei den betreffenden Wohnungen mit den Gasetagenheizungen in den Wohnungen jedoch nicht der Fall. Damit werden die gesetzlichen Anforderungen für eine Umstellung auf Wärmelieferung nicht erfüllt. Zugleich erfüllt das Schreiben der Altro-Mondo auch nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine Modernisierungsankündigung. Die Schreiben der Altro-Mondo sind aus unserer Sicht unwirksam.“, sagte Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V. an der Kampstr. 4 in der Dortmunder Innenstadt.

Altro-Mondo antwortet nicht

Hinzukommt, dass Altro-Mondo auf die Widerspruchsschreiben des Mietervereins für eine Reihe von Mieterinnen und Mietern bisher nicht reagiert hat.

„Dies führt zu Verunsicherung bei betroffenen Mietern. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen bei DEGAG / Altro-Mondo in der Sache mit uns Kontakt aufzunehmen, die Bauarbeiten nicht zu beginnen und die Situation somit nicht weiter zu eskalieren. Falls die Gasversorgung unterbrochen werden sollte, müssen wir den Mietern in diesem Fall empfehlen eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Dortmund zu beantragen, um die Arbeiten zu stoppen.“, erklärte Rainer Stücker vom Mieterverein Dortmund.

Versorgungssperre angedroht

Zu zusätzlicher Unsicherheit bei den Mietern in Dortmund-Wickede führt eine von DEW21 angekündigte Versorgungssperre für Wasser und Allgemeinstrom für Ende August. Dies teilte DEW21 mit Schreiben vom 29.07.2019 mit. Hintergrund sind nicht bezahlte Versorgungsrechnungen des Eigentümers der Wohnungen bei DEW 21.


[1] 90 Wohnungen in Dortmund-Wickede: Herwingweg 2, 4, Molnerweg 2 und 140 Wohnungen in der Nordstadt: Münsterstr. 208 - 214, Uhlandstr. 155 - 165, Weber Str. 2 - 6, Kleiststr. 1 -5. Die Wohnungen wurden im Jahr 2004 durch DOGEWO21 verkauft und privatisiert.

Hintergrund: DEGAG / Altro-Mondo

Die Hausverwaltung Altro-Mondo ist Teil und 100%ige Tochter der Dehne & Krüger Holding GmbH mit Sitz in Hannover. Die wiederum ist zu 88% an der DEGAG Deutsche Grundbesitz AG beteiligt. Geschäftsführende Gesellschafter der Holding sind Birger Dehne und Dragana Krüger, Vorstand der DEGAG ist Birger Dehne. Die DEGAG wiederum ist Eigner einer ganzen Reihe  von Immobilienprojektgesellschaften, unter anderem der DEGAG Kapital GmbH, der DEGAG WOBA GmbH, der DEGAG Premium GmbH sowie den Gesellschaften DEGAG Erste Wohnen GmbH bis DEGAG Zwölfte Wohnen GmbH. Geschäftsführer aller dieser Gesellschaften ist Birger Dehne.

Die von der den DEGAG Gesellschaften gehaltenen Immobilien hatten 2017 einen Buchwert von mehr als 300 Millionen Euro. Die Bestände liegen in ganz Deutschland verteilt, ein Schwerpunkt ist der Nordwesten. In NRW verwaltet Altro Mondo unter anderem DEGAG-Bestände in Dortmund, Herne, Castrop-Rauxel, Wuppertal und Duisburg. Neben dem Erwerb von Mehrfamilienhäusern und Wohnanlagen in gutem, vermieteten Zustand, investiert die DEGAG zusätzlich einen „signifikanten Anteil“ ihres jährlichen Investitionsvolumens in den Erwerb „revitalisierungsbedürftiger Immobilien“ und erweckt die neu erworbenen Objekte „mit gezielten Investitionen aus dem Dornröschenschlaf“, wie es in einem Investorenprospekt aus dem Jahr 2016 heißt, der gezielt nach Kapitalanlegern sucht und ihnen eine Rendite von rund 7% verspicht. (vgl. „Der Mieter zählt nicht“ in Mieterforum Nr. 53, III / 2018.).

Die zahlreichen Medienberichte zu Mängeln und drohenden Versorgungssperren, in der Region zuletzt im Juni 2019 in Castrop-Rauxel, haben DEGAG / Altro-Mondo mittlerweile auch zum Thema in der Landespolitik gemacht. Kleine Anfragen an die nordrheinwestfälische Landesregierung und eine von Bauministerin Ina Scharrenbach ins Leben gerufene Arbeitsgruppe aus Ministerium und Vertretern betroffener Kommunen stehen für die vielfachen Probleme von Mieterinnen und Mietern in Städten Nordrhein-Westfalens

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 31.07.2019


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