6. Juni 2014 (Miet- und Wohnungsrecht, Urteile des BGH)

BGH Urteile: Neues aus Karlsruhe

Mieter muss bei Schlüsselverlust unter Umständen neue Schließanlage bezahlen/Vermieter darf im laufenden Mietverhältnis nicht auf Mietkaution zurückgreifen/Fristlose Kündigung bei gefälschter Vorvermieterbescheinigung möglich

Mieter muss bei Schlüsselverlust unter Umständen neue Schließanlage bezahlen

Am Ende der Mietzeit gab der Mieter nur einen statt der ursprünglich erhaltenen zwei Wohnungsschlüssel zurück. Angaben zum Verbleib des zweiten Schlüssels konnte er nicht machen. Der Vermieter forderte ca. 1.500 Euro Schadensersatz für einen aus Sicherheitsgründen notwendigen Austausch der gesamten Schließanlage. Der Bundesgerichtshof bestätigte grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch des Vermieters, gab jedoch trotzdem den Mietern Recht, weil der Vermieter seine Forderung auf einen Kostenvoranschlag gestützt hatte. Ein Schaden könne erst dann vorliegen, wenn die Schließanlage auch tatsächlich ausgetauscht werde. Das war aber bisher nicht der Fall.

Weitere Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch des Vermieters ist ein Verschulden des Mieters am Schlüsselverlust und eine tatsächlich bestehende Missbrauchsgefahr durch unbefugte Dritte. So muss der Mieter beispielsweise keinen Ersatz leisten, wenn ihm der Schlüssel gestohlen wurde oder wenn der Schlüssel in einen Fluss gefallen ist bzw. wenn der verlorene Schlüssel keinem Haus, keiner Wohnung usw. zugeordnet werden kann. In diesen Fällen ist ein Missbrauch des Schlüssels ausgeschlossen. Dies muss der Mieter allerdings beweisen. Vertragsklauseln, die einen Schadensersatzanspruch ohne Verschulden des Mieters begründen wollen, sind unwirksam.

Wer als Mieter einen zu einer zentralen Schließanlage gehörenden Schlüssel verliert, muss mit Schadensersatzforderungen des Vermieters rechnen. Die können bei bestehender Missbrauchsgefahr auch die Kosten des Austauschs der Schließanlage umfassen. Voraussetzung für einen derartigen Schadensersatzanspruch ist aber, dass der Vermieter die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht hat.

BGH, Urteil vom 05.03.2014, VIII ZR 205/13

 

Vermieter darf im laufenden Mietverhältnis nicht auf Mietkaution zurückgreifen

In diesem dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fall hatten die Mieter, wie im Mietvertrag vereinbart, 1.400 Euro auf ein Kautionskonto des Vermieters eingezahlt. Gleichzeitig unterschrieben sie eine Zusatzvereinbarung, wonach der Vermieter berechtigt sein sollte, sich wegen fälliger Ansprüche auch während des Mietverhältnisses aus der Kaution zu bedienen. Für diesen Fall sollten die Mieter verpflichtet sein, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag aufzustocken.

Der Bundesgerichtshof entschied jetzt, dass diese Vertragsvereinbarung unwirksam sei. Der Vermieter dürfe während des laufenden Mietverhältnisses nicht zur Befriedigung streitiger Forderungen auf die Mietkaution zurückgreifen. Dies widerspreche dem Treuhandcharakter der Mietkaution. Danach muss der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anlegen. So soll sichergestellt werden, dass der Mieter die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses auch bei einer Insolvenz des Vermieters ungeschmälert zurückerhält, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, so der Bundesgerichtshof, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte.

Die Mietkaution hat also nicht den Sinn, Vermietern dabei zu helfen, strittige Forderungen während der Mietzeit durchzusetzen, ohne dass geklärt wird, ob der Vermieteranspruch besteht oder nicht. Vermieter müssen also eine gerichtliche Entscheidung anstreben.

BGH, Urteil vom 07.05.2014, VIII ZR 234/13

 

Fristlose Kündigung bei gefälschter Vorvermieterbescheinigung möglich

Der Mieter hatte auf Verlangen des Vermieters eine so genannte Vorvermieterbescheinigung vorgelegt. Darin „bestätigte“ der frühere Vermieter, der Mieter habe die Kaution und die Miete immer pünktlich gezahlt und seine Pflichten aus dem Mietverhältnis stets pünktlich erfüllt. Diese Bescheinigung war gefälscht. Als Jahre später ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet wurde, kündigte der Vermieter.

Nach Auffassung des BGH sind Vermieterfragen nach Person und Anschrift des Vorvermieters, Dauer des Mietverhältnisses, Erfüllung mietvertraglicher Pflichten, insbesondere Mietzahlungen und Einkommensverhältnissen zulässig und müssen vom Mieter wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Dementsprechend stellt die Vorlage einer gefälschten Vorvermieterbescheinigung eine erhebliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar und berechtigt grundsätzlich zur fristlosen Kündigung. Allerdings muss der Vermieter innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis der falschen Angaben kündigen. Sollte der Vermieter schon im Jahr des Vertragsabschlusses gewusst haben, dass die Vorvermieterbescheinigung gefälscht war, wäre eine Kündigung drei Jahre später wegen Verspätung unwirksam. Diese Frage muss jetzt die Vorinstanz klären.

Wer also betrügt und gefälschte Unterlagen vorlegt oder falsche Angaben zu früheren Mietverhältnissen oder seinem Einkommen macht, riskiert die fristlose Kündigung. Der Vermieter ist aber verpflichtet, zeitnah zu kündigen. Er kann dem Mieter, der möglicherweise jahrelang die Miete pünktlich gezahlt hat, nicht drei Jahre später mit dem Argument ‚Täuschung bei Vertragsabschluss‘ fristlos kündigen.

Vorvermieterbescheinigungen oder Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen werden immer öfter von Vermietern gefordert. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 238/08) bereits 2009 entschieden, dass der frühere Vermieter nicht verpflichtet ist, eine derartige Bescheinigung auszustellen. Damit wird die Forderung vieler Vermieter nach derartigen Bescheinigungen praktisch sinnlos.

BGH, Urteil vom 09.04.2014, VIII ZR 107/13  

Autor: Rainer Stücker, erschienen im MieterForum 2/2014


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