27. Januar 2017 (Wohnungspolitik, Wohnungsmarkt)

Der Druck wird größer

Die Anspannungen auf dem Wohnungsmarkt haben sich auch in Dortmund fortgesetzt. Das zeigt der aktuelle Wohnungsmarktbericht der Stadt Dortmund: Die Mieten sind weiter gestiegen, der Leerstand weiter gesunken. Der Bericht macht klar: Es braucht nicht nur mehr Wohnraum, sondern vor allem mehr günstigen Wohnraum.

Quellen: Alexandra Gehrhardt (1), Wohnungsmarktbericht der Stadt Dortmund (2)

Dortmund ist erneut gewachsen und hat im November die 600.000-Einwohner-Marke geknackt. Die Stadt ist als Hochschuladresse genauso attraktiv wie als Industrie-, Logistik- und IT-Standort. Das erhöht die Mieten. Durchschnittlich sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter zahlten Wohnungssuchende 2015 in einer Bestandswohnung, 17 Cent mehr als im Jahr zuvor. Die Mieten im Neubau lagen mit 10,58 Euro pro Quadratmeter sogar um 1,21 Euro höher.

Steigende Mieten

„Waren im Jahre 2010 noch mit Abstand die meisten Angebote in der Preisklasse 4,00 bis unter 6,00 Euro pro Quadratmeter zu finden, hat sich das Gros der Angebote nun in die Bereiche zwischen 5,00 bis unter 7,00 bzw. unter 8 Euro pro Quadratmeter verschoben“, heißt es im Wohnungsmarktbericht. Verteilt auf einzelne Staffelungen bedeutet das: Die Anzahl der Wohnungen zwischen vier und fünf Euro ist seit 2010 um fast zwei Drittel geschrumpft, die Anzahl zwischen sechs und sieben Euro hat sich nahezu halbiert. Im Gegenzug wurden auf dem Markt nun doppelt so viele Wohnungen für sieben bis acht Euro angeboten wie noch fünf Jahre zuvor. 

Damit wächst der Konkurrenzdruck. „Tatsächlich hat sich die Situation auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt in relativ kurzer Zeit immer deutlicher in Richtung Anspannung entwickelt“, liest es sich in der Bestandsaufnahme – und das trifft nicht mehr nur auf das untere, sondern auch auf das mittlere Preissegment zu. Für die Erhebung wurden alle im Jahr 2015 über Onlineplattformen und Lokalzeitungen veröffentlichten Wohnungsangebote ausgewertet. Insgesamt sieht die Stadtspitze den Wohnungsmarkt „in einem Grenzbereich zwischen einer ausgewogenen und einer angespannten Situation.“ 


Langfristiger Leerstand

Noch zu Anfang des Jahrtausends galt das Ruhrgebiet als unattraktiv, es zogen mehr Menschen weg als her, die Mieten waren günstig – und im Vergleich zu anderen Ballungsgebieten sind sie das auch jetzt noch –, der Leerstand war hoch. Das ist nun anders. Ende 2015 standen in Dortmund 5.600 Wohnungen länger als sechs Monate leer. Dies entspricht einem Anteil von 1,8 Prozent des Wohnungsbestandes. Zwei Prozent gelten als Minimum, um eine ausreichende Fluktuation zu gewährleisten. 

In besonders beliebten Wohngegenden der Innenstadt, wie dem Kreuz- und Saarlandviertel sowie Teilen der Nordstadt liegen die strukturellen Leerstandsquoten noch unter diesen 1,8 Prozent. Deutlich höher, bei zwischen 3,0 bis 7,2 Prozent, ist die Quote in westlichen Randbezirken wie Kley, Marten und Lütgendortmund, im Bezirk Eving und Mengede und im Bereich der Westfalenhütte. Auffällig ist, dass auch der Ostteil des Wallrings von Leerständen von 3,0 bis 7,2 Prozent betroffen ist. 

Rund die Hälfte aller Leerstände in Dortmund sind langfristig, dauern also länger als zwei Jahre. „Bei einem Großteil dieser Leerstände“, liest sich im Wohnungsmarktbericht, könne „unterstellt werden, dass sie nicht kurzfristig zu aktivieren bzw. gar nicht mehr nutzbar sind.“ Besonders hoch sind die Quoten in Stadtrandbezirken mit vielen Ein- oder Zweifamilienhäusern, die vermutlich wegen des demografischen Wandels und wegen schlechterer Infrastruktur keine Mieter finden, und in Teilen der nördlichen Innenstadt, im westlichen Teil des Unionviertels und Dorstfeld. Hier sieht die Stadt in ihrem Bericht den Grund vor allem in sogenannten Problemimmobilien und nicht bewohnbaren Häusern. 

Im Zuge der Wohnraumgewinnung haben Stadt, private Akteure oder Einrichtungen wie die AWO einige solcher leerstehender Immobilien gekauft, um sie zu sanieren und zu vermieten. Wohnungsunternehmen bauen Dachgeschosse aus, bringen in die Jahre gekommene Wohnungen auf Vordermann und schaffen so neuen Raum. Auch Finanzinvestoren sind in Dortmund weiter aktiv und suchen lukrative Kapitalanlagen. Insgesamt sind 2014 und 2015 jeweils rund 1.000 neue Wohnungen entstanden, der Bedarf wird zukünftig allerdings bei 2.000 bis 3.000 pro Jahr liegen, denn immer mehr Menschen kommen nach Dortmund und suchen hier günstige Wohnungen. 1.500 Haushalte waren im vergangenen Jahr bei der Stadt als wohnungssuchend gemeldet – jedoch fanden nicht alle mit Hilfe des Amts eine neue Wohnung. Und der Neubau deckt den Bedarf bei weitem nicht. 956 Wohnungen wurden 2015 in Neubauten oder Bestandsgebäuden fertiggestellt, 2014 waren es 1.134 gewesen. Eine Wende zeichnet sich aber ab: Seit 2015 steigen die Baugenehmigungen wieder deutlich an.

Sozialer Wohnungsbau

Besonders nötig ist nach wie vor günstiger Wohnraum. Erstmals erhalten mehr als 100.000 Menschen Transferleistungen. Studierende, einkommensarme, ältere, wohnungslose und geflüchtete Menschen konkurrieren jedoch auf diesem Markt. So steigt die Zahl derer, die sich wenig leisten können oder die sich unmittelbar an die Angemessenheitsgrenze von Sozialamt und Jobcenter halten müssen. Diese Grenze liegt nach wie vor bei 5,24 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter und einer maximalen Wohnungsgröße von 50 Quadratmetern für eine Person. Zwar gibt es Spielräume – die Wohnung darf zum Beispiel etwas größer sein, wenn sie unterhalb der Preisgrenze von 262 Euro liegt. Doch auch die Anzahl solcher angemessenen Wohnungen sinkt ebenso kontinuierlich wie die Anzahl der Sozial-Mietwohnungen. 2010 waren es noch fast 29.000, 2015 noch 24.600. Der Mieterverein Dortmund schätzt, dass 2016 weitere 2.000 verschwinden werden, weil sie aus der Preisbindung der sozialen Wohnraumförderung des Landes NRW gefallen sind. (age)

Zum Wohnungsmarktbericht: wohnungswesen.dortmund.de

Autorin: Alexanra Gehrhardt, erschienen in Mieterforum Nr. 46 IV/2016


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