Der deutsche Wohnungsmarkt ist zunehmend von Kapitalisierung und Gewinnmaximierung geprägt. In Dortmund sind die Wohnanlage Hannibal II in Dorstfeld und das „Horrorhaus“ in der Kielstraße 26 Negativbeispiele für Spekulation am Wohnungsmarkt. Der Hannibal wurde jüngst weiterverkauft, statt saniert. Das Hochhaus Kielstraße 26 lässt die Stadt Dortmund mit Fördermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen abreißen.
Gleichzeitig steigen in den bewohnten Wohnungen die Mieten. Im Zuge des neuen Dortmunder Mietspiegels erhöhen viele Vermieter*innen erneut die Miete, oft auch unrechtmäßig hoch. So verlangte der Vermieter der Wohnungen in der Westhoffstr. 11 von den Mieter*innen einen Aufschlag für „Dortmund Mitte“. Diese knapp 50 € mehr pro Monat sind unzulässig, da für die Nordstadt kein solcher Aufschlag anzurechnen ist. Verwaltetet werden die Wohnungen durch die Firma Strabag Property and Facility Services GmbH im Auftrag der Eigentümerin Swiss Life-Gruppe.
Noch immer stecken Dortmunder Immobilien im Karussell der Wohnungsverkäufe fest, mit negativen Folgen für die Mieter*innen. Denn die neuen Eigentümer*innen scheinen die Wohnungen häufig nicht ausreichend genug zu kennen bevor sie diese kaufen. So übernahm die Dusapro aus dem Raum Darmstadt im Jungferntal und in Hombruch Wohnungen der Vonovia und forderte Fotos und sensible Daten der Mieter*innen. Die Peach Immobilien GmbH begrüßte ihre neuen Mieter*innen mit Mahnungen, ohne zu erläutern, woraus sich die Rückstände denn zusammensetzen.
Die sozialen und finanziellen Folgen der Corona-Pandemie verschärfen die bereits angespannte Mieten- und Wohnungskrise zusätzlich. Wie befürchtet verlängerte die Bundesregierung den Mieter*innenschutz zu Beginn der Pandemie nicht über den 30.06.2020 hinaus. Dadurch wurden Mieter*innen, die aufgrund von Kurzarbeit oder durch den Verlust des Arbeitsplatzes finanzielle Einbußen hinzunehmen hatten, der konkreten Gefahr einer Räumung oder Schuldenanhäufung ausgesetzt. Während die Immobilienwirtschaft weiterhin Gewinne in Millionenhöhe durch Mieteinnahmen und Spekulationen erwirtschaftet, tragen die Mieter*innen alleine das Risiko, die Mietzahlungen nicht aufbringen zu können. Insbesondere trifft dies auf diejenigen in besonderem Maße zu, die in prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind. Die Gefahr, sich am Arbeitsplatz mit Covid-19 zu infizieren, ist in den schlecht bezahlten und unsicheren Jobs meist ungleich höher, wie bspw. bei Erntehelfer*innen, Beschäftigte der Fleischindustrie etc. Letzten Sommer wurde nicht nur in Rheda-Wiedenbrück sichtbar, wie die vorhandene soziale Ungleichheit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse das Risiko sich zu infizieren erhöhen. Gleichzeitig führt uns die Pandemie vor Augen, dass eben nicht alle Menschen gleich von Covid-19 betroffen sind. Auch in den nördlichen Dortmunder Stadtteilen, insbesondere der Nordstadt, lassen sich die sozialen Ungleichheiten unter Corona wie unter einem Brennglas betrachten. Beengte Wohnverhältnisse, wenige freie Flächen im öffentlichen Raum und oft prekäre Arbeitsverhältnisse sorgen mit für die höchsten Infektionszahlen in Dortmund. Die Mechanismen des Wohnungsmarktes tragen zu dieser Segregation und zur Ungleichheit der Wohn- und Lebensverhältnisse erheblich bei. Besonders herausfordernd ist gerade für Familien in prekären und beengten Wohnverhältnissen, in dieser Situation Bedingungen für gelingendes Homeschooling zu schaffen und damit zu vermeiden, dass sich die Schere noch weiter öffnet.
Geflüchteten wird der Schutz in engen Sammelunterkünften erschwert oder in Lagern an den EU-Außengrenzen gänzlich verwehrt. Wohnungslose haben keine Möglichkeit, sich zum Schutz vor dem Virus in eine Wohnung zurückzuziehen. Besonders problematisch sind die heruntergekommenen Häuser, die für EU-Neuzugewanderte und v.a. Rom*nja oftmals die einzige Alternative als Wohnraum darstellen und in denen aufgrund von jahrelangem Investitionsstau der Eigentümer*innen bereits vor der Pandemie ungesunde Wohnverhältnisse herrschten. Noch prekärer wird die Situation im Quarantänefall, wenn die dafür nötigen Voraussetzungen durch die beengten Wohnverhältnisse nicht erfüllt werden können.
Zudem wird bei berechtigten Mietminderungen in solchen Häusern nicht selten seitens der Eigentümer*innen als Abschreckung die Strom- und Wasserzufuhr abgestellt. Die in diesen Zeiten der Pandemie so wichtige Hygienevorsichtsmaßnahmen werden unter solchen Umständen faktisch unmöglich. Aufgrund der Marginalisierung und bestehenden Verdrängungsmechanismen ist die Teilhabe am und der Zugang zum gesellschaftlichen und städtischen Leben seit Beginn der Pandemie für diese Personengruppen erheblich erschwert. Dazu tragen ebenso diskriminierende Vermietungspraxen bei: Zahlreiche Testings und Studien (u.a. auch des Planerladen e.V.) belegen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte bei der Wohnungsvergabe diskriminiert werden. Allein ein nicht-deutsch klingender Name kann eine Benachteiligung zur Folge haben.
Daher fordern der Planerladen e.V. und der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. die Bundesregierung auf, einen Fonds zum Mietschuldenerlass aufzulegen und eine humane, bezahlbare Mietenpolitik zu verfolgen! Die Stadt Dortmund wird aufgefordert, über eigenen, kommunalen, geförderten Wohnungsbau und eine sozialgerechte Bodenpolitik den Wohnungsmarkt zu entlasten.
Zudem stehen wir für ein Ende der diskriminierenden Vermietungspraxen auf dem Wohnungsmarkt ein und fordern eine Verbesserung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), um Betroffenen eine wirkliche Handhabe gegen Diskriminierung zu ermöglichen. Es gilt, diese Erkenntnisse zu nutzen die strukturellen Ungleichheiten zu bekämpfen! Denn: Die Stadt gehört uns allen!
Wir rufen dazu auf, am Samstag, den 27.03.2021 an den deutschlandweit stattfindenden Aktionen/Kundgebungen teilzunehmen und für das Recht auf sicheren Wohnraum für alle Menschen einzustehen! Veranstaltet wird der Aktionstag vom Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.
Die nächstgelegene Kundgebung findet In Witten um 11:00 Uhr in der Berliner Straße statt.
Gemeinsame Presseerklärung des Planerladen e.V. und Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 23.03.2021
0231 / 55 76 56-0 | |
Mo.-Do. | 8:00 bis 12:00 Uhr 13:00 bis 17:00 Uhr |
Fr. | 8:00 bis 14:00 Uhr |