5. August 2022 (Wohnungspolitik, Fragen und Antworten)

Kaiserstraßen-Viertel: Verdrängung aus günstigem Wohnraum?

Seit Mai 2022 ist es unruhig geworden für die Mieter:innen in der Roonstraße 12-14 im Dortmunder Kaiserstraßenviertel. Sie haben den Eindruck, dass die neue Eigentümerin sie aus dem Haus vertreiben möchte, um die Wohnungen künftig teurer vermieten zu können. Denn der vormalige Eigentümer hatte die Wohnungen bewusst günstig vermietet.

Im Mietrecht gilt der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“, das heißt beim Kauf werden auch die bestehenden Mietverhältnisse übernommen (s.u.). Die Mieter:innen in der Roonstraße erhielten stattdessen eine Aufforderung für einen neuen Mietvertrag vorzusprechen. Die Hausgemeinschaft informierte sich gegenseitig und unterschrieb die neuen Verträge nicht.

Eine Familie erhielt zudem gleich zwei Eigenbedarfskündigungen hintereinander. Darin wurde für unterschiedliche Familienangehörige gekündigt. Zunächst gab die Vermieterin an, selbst einziehen wollen, dann benötigte sie die Wohnung für ihren Sohn. Zudem vermietete sie noch kurz vor der Kündigung vorher leerstehende Wohnungen.

Die Vermieterin bot in diesem Zuge den Mietern:innen nach eigener Aussage an den Mietvertrag aufzulösen. Sie habe Verständnis, wenn man mit den neuen Nachbar:innen nicht zusammenleben wolle. Die Eigentümerin kündigte zudem auch das Mietverhältnis eines Kulturvereins, sowie ein Garagenmietverhältnis.

Das Haus wurde von einer Privatperson gekauft. In Schreiben der Vermieterin wird die Hausverwaltung HAK Immobilien GmbH mit Sitz in der Münsterstraße als Ansprechpartnerin benannt. Eine offiziell von der Eigentümerin beauftragte Hausverwaltung ist den Mieter:innen nicht bekannt. Laut Aussagen der Mieter:innen gäbe es jedoch familiäre Verbindungen zwischen der Vermieterin und den Eigentümern der HAK Immobilien GmbH.

Die Situation in der Roonstr. 10 bis 12 nimmt der Mieterverein Dortmund daher zum Anlass nachfolgend über Mieterschutzrechte bei Eigentümerwechseln und bei Eigenbedarfskündigungen zu informieren.

Kauf bricht nicht Miete! Neuer Mietvertrag ist nicht erforderlich

Nach dem Gesetz wird das Haus mit den bestehenden Mietverträgen verkauft. Die alten Verträge (und auch alle sonstigen Regelungen) gelten also automatisch weiter, ohne dass etwas daran geändert werden muss. Es gilt der Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" (§ 566 BGB)! „Beim Eigentümerwechsel gibt es deshalb für Mieter überhaupt keinen Grund für Unsicherheit oder gar Panik.“, erklärt Rechtsanwalt Martin Grebe, Leiter Miet- und Wohnungsrecht beim Mieterverein Dortmund.

In vielen Fällen werden neue Mietverträge dazu genutzt, für Mieter:innen nachteilige Bedingungen zu vereinbaren. Zum Beispiel die Übernahme vorher nicht vereinbarter Pflichten, wie die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Oder die Zahlung bislang nicht im alten Mietvertrag aufgeführten Betriebskosten, oder gar eine höhere Grundmiete. Unterzeichnen Mieter:innen einen neuen Vertrag, sind sie in der Regel daran gebunden.

„Werden neue Verträge oder Vereinbarungen vorgelegt, sollte deshalb nichts voreilig unterschrieben werden. Es ist immer genug Zeit, um sich vor einer Unterschrift rechtlich beraten zu lassen. Verlangt jemand eine sofortige Unterschrift, so ist dies nur ein eindeutiges Zeichen für Unseriösität!“, erklärt Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher des Mieterverein Dortmund in der Kampstr. 4.

Den Ratgeber des Mietervereins zum Eigentümerwechsel finden Sie auch auf unserer Homepage

Kündigung wegen Eigenbedarf - Was können Mieter:innen tun?

Grundsätzlich dürfen Vermieter:innen nur bei berechtigtem Interesse kündigen. Dies kann vorliegen, wenn sie die Wohnung für sie selbst oder nahe Familien- und Haushaltsangehörige benötigt. Hierfür gelten jedoch feste Spielregeln.

Bei der Länge der Räumungsfrist werden grundsätzlich die Interessen der Vermieter:innen und der Mieter:innen gegeneinander abgewogen. So kann ein Eigenbedarf zwar vorliegen, aber persönliche Härten der Mieter:innen, z.B. Krankheit oder eine fehlende oder später beziehbare Ersatzwohnung, vorhanden sein.

Zweifeln Mieter:innen die Rechtmäßigkeit des Eigenbedarfs an oder machen Härtegründe geltend – und kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung – entscheiden im Zweifel Gerichte ob die Kündigung wirksam ist oder es längere Fristen gibt. Wichtig: Selbst wenn ein Eigenbedarf tatsächlich bestehen und die Kündigung wirksam ist, kann eine angemessene Räumungsfrist für den Auszug beantragt werden.

Vermuten Mieter:innen vorgeschobenen Eigenbedarf, ist es wichtig dies auch nachweisen bzw. belegen zu können. Dies sollte dann im Widerspruch zur Kündigung vorgetragen werden.

Doch wie sieht es aus, wenn erst nach einem Auszugstermin festgestellt, dass die Person für die Eigenbedarf geltend gemacht wurde, gar nicht eingezogen ist, sondern die Wohnung wieder inseriert wird? Gibt es hierfür keine triftigen, nachträglich entstandenen Gründe, kann ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Hierzu können beispielsweise Umzugskosten, das erforderliche Tapezieren und Streichen der neuen Wohnung aber auch die Differenz zu einer nunmehr höheren Miete gehören.

Wichtig: Die Überprüfung und Durchsetzung der Mieterrechte kann gerade bei einer Eigenbedarfskündigung kompliziert sein. Eine rechtliche Beratung nach Erhalt der Kündigung ist daher unbedingt empfehlenswert! 

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund // 5.8.2022

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