6. Februar 2025 (Vonovia)

Vonovia bei Mieterhöhungen erfinderisch: Neue Fantasiezuschläge für (noch) höhere Mieten

Seit Jahresanfang gilt für Dortmund ein neuer qualifizierter Mietspiegel. Anhand des Mietspiegels können Vermieter die Mieten einer frei finanzierten Wohnung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Zudem sind gesetzliche Kappungsgrenzen zu beachten. Dem Mieterverein liegen zahlreiche Mieterhöhungen der Vonovia vor, bei denen Zuschläge verlangt werden, die der qualifizierte Dortmunder Mietspiegel nicht vorsieht. Vonovia begründet diese Zuschläge weder inhaltlich noch der Höhe nach. Hierzu zählen beispielsweise einen Waschmaschinenstellplatz in der Wohnung oder eine Handtuchhalterheizung in einer Neubauwohnung.

Eine solche Fantasie aus jeder Kleinigkeit Geld zu machen, kennt der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. bisher nur von Vonovia, wenn neue Betriebskostenarten eingeführt werden. Aus seiner Sicht versucht Vonovia als Deutschlands und Dortmunds größte Vermieterin, Mieterhöhungen durchzusetzen, die mit dieser Begründung und Höhe in den allermeisten bekannten Fällen nicht gerechtfertigt sein dürften. Diese Versuche müssen im Zweifel in vielen hundert Fällen vor Gericht geklärt werden. Stimmen Mieter:innen einfach zu,, treibt diese Vorgehensweise die Mieten für alle anderen im nächsten Mietspiegel nach oben.

Mehr Geld für Standard

Im Mietspiegel sind verschiedene Preisspannen mit einem Unter- und Oberwert angegeben, je nach Baualter einer Wohnung. In jeder Spanne wird ein Mittelwert aufgeführt, der regelmäßig die ortsübliche Vergleichsmiete für die Standardwohnung angibt. Zudem enthält der Mietspiegel Zu- und Abschläge für Art, Größe, Ausstattung und Lage der Wohnung. Diese basieren auf einer wissenschaftlichen Erhebung. An der Erstellung des Mietspiegels hat Vonovia über die Arbeitsgemeinschaft Dortmunder Wohnungsunternehmen mitgewirkt.

Sofern eine Wohnung aufgrund zusätzlicher oder fehlender Ausstattungsmerkmale erheblich von  einer Standardwohnung abweichet, die über die Mietspiegelmerkmal hinausgeht, kann gegeben falls eine Einordnung innerhalb der Mietspiegelspanne nach oben und unten vorgenommen werden. Diese Abweichung muss im Einzelfall nachvollziehbar begründet werden und ist in der Regel streitanfällig.

In sehr vielen dem Mieterverein vorliegenden Mieterhöhungen nimmt Vonovia nun zusätzlich zu den bereits im Mietspiegel vorhandenen Zuschlägen unplausible und nicht nachvollziehbare Einordnungen oberhalb des Mittelwerts vor.

· So soll ein Mieter in der südlichen Innenstadt im Neubau (Baujahr 2017) für einen Handtuchheizkörper 0,25 €/m² (knapp 14 €/Monat) mehr zahlen.

· Mehrfach taucht zudem ein Aufschlag für den Stellplatz für einen  „Waschmaschinenanschluss inkl. -stellplatz“ auf. Hierfür verlangt Vonovia , je nach Baualter einen Zuschlag von 0,09 €/m² - 0,12 €/m² (bis 10 €/ Monat)

· Zum Vergleich Die Modernisierung des gesamten Badezimmers sieht laut Mietspiegel einen Zuschlag von 0,18 €/m² vor.

In Huckarde berechnet Vonovia in einer bekannten Mieterhöhung einen Zuschlag in Höhe von 0,09 €/m² für einen „Bevorzugten Stadtteil“. In der Erhebung des Mietspiegels wurden explizit auch der Einfluss der Lage in einem der Stadtteile untersucht. Hieraus resultieren Zuschläge, beispielsweise für die Innenstadt. Für Huckarde ergab sich aus der Mietspiegeluntersuchung jedoch keinen Zuschlag (siehe Punkt 5.7 im Mietspiegel, Gebiet Dortmund-West – 3).

„Wir haben einen Vergleich mit Zuschlägen vorgenommen, die der Mietspiegel vorsieht.. Diese stützen sich auf die Erhebung und Auswertung der tatsächlichen Mieten. Dieser Vergleich zeigt, dass sehr viele der von Vonovia verlangten neuen Zuschläge nicht plausibel sind.“ stellt Rechtsanwalt Martin Grebe, Leiter Miet- und Wohnungsrecht beim Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. mit.

Streit vorprogrammiert

Stimmen Mieter:innen einer Mieterhöhung nicht oder nicht vollständig zu, müsste Vonovia auf Zustimmung zur Mieterhöhung klagen, um die jeweilige Mieterhöhung durchzusetzen. „Ein Vermieter darf nicht ohne Zustimmung die neue Miete nehmen. Eine wichtige Mieterschutz-Regelung im deutschen Mietrecht.“, erläutert Rechtsanwalt Martin Grebe. Vor Gericht würde eine Einzelfallklärung vorgenommen, ob die vorgenommenen Zu- und Abschläge korrekt oder plausibel sind. Grundsätzlich sind Vermieter:innen aber hierfür beweispflichtig.

„Der Mietspiegel ist eigentlich dafür gedacht, Gerichtsverfahren und Streit, um die angemessene Miete zu verhindern. Vonovia provoziert Unsicherheit, um die Erlöse zu steigern“, sagt Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher beim Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., „wenn Vonovia nicht zurückzieht, müssten alle diese Punkte im Zweifel in einem Gerichtsverfahren geklärt werden.“

Der Mieterverein befürchtet, dass viele Mieter:innen auch auf Grund der Unsicherheit den Mieterhöhungen im Zweifel zustimmen werden. Diese Mieterhöhungen könnten dann in die nächste Mietspiegelerhebung einfließen. Dies würde zu einem weiteren Anstieg der Vergleichsmieten in Dortmund führen. „Wir haben Vonovia daher aufgefordert, von dieser Geschäftspraxis abzurücken und ihre Mieterhöhungen zu korrigieren.“ so Markus Roeser.

Bundesweite Strategie?

Bereits in Berlin versucht der Konzern den Mietspiegel in Misskredit zu bringen. Vorstandsvorsitzender Rolf Buch spekulierte öffentlich darüber, dass die Steigerungen so geringe sein, dass der Mietspiegel manipuliert worden wäre (siehe Tagesspiegel vom 22.01.2025). Dies wurde vom Berliner Mieterverein als Ablenkungsmanöver kritisiert

Politik gefordert

Aus Sicht des Mietervereins Dortmund ist die Politik gefordert die Praxis zu unterbinden oder zumindest zu erschweren. Ein deutliches Absenken der Kappungsgrenze von bisher 20 % würde die Möglichkeiten begrenzen über den Mittelwert zu gehen. Um die Mietentwicklung wirksam zu stoppen wären aus Sicht des Mietervereins ein Mietenstopp (mietenstopp.de) oder Mietendeckel (mietendeckel-jetzt.org) notwendig.

Jede Mieterhöhung prüfen

Mieter:innen haben mindestens zwei Monate Zeit eine Mieterhöhung zu überprüfen. Der Mieterverein Dortmund empfiehlt dies unbedingt zu tun. Einmal zugestimmt, kann dies auch bei einer falschen Mieterhöhung nicht mehr korrigiert werden. „Den zusätzlichen Spanneneinordnungen sollte qualifiziert widersprochen werden. Möglich wäre auch, dass es Gründe gibt, dass sogar Abschläge denkbar wären. Wir empfehlen hierfür eine rechtliche Beratung.. “, erläutert Martin Grebe, Leiter für Miet- und Wohnungsrecht beim Mieterverein Dortmund, „Unabhängig von der Spanneneinordnung, raten wir dazu eine Mieterhöhung immer zu überprüfen. Die Wohnung kann auch grundsätzlich falsch in den Mietspiegel einsortiert sein, beispielsweise könnten Abschläge nicht berücksichtigt worden sein.“

Mitglieder des Mietervereins, die Ihre Miterhöhung überprüfen lassen möchten, senden Ihre Mieterhöhung und Ihren Mietvertrag in Kopie per Post oder E-Mail (pdf) an info@mvdo.de oder geben die Unterlagen in der Geschäftsstelle, Kampstraße 4 in der Dortmunder Innenstadt ab. Dann erfolgt eine Rückmeldung zum weiteren Vorgehen. Eine Beratung ist auch für Neumitglieder möglich.

Anlage

Mietrechtliche Tipps für Mieterinnen und Mieter

Mieterhöhungen müssen begründet werden

Grundsätzlich gilt, dass eine Mieterhöhung immer begründet werden muss. Als Begründung kommt bei freifinanzierten Wohnungen (ohne vertragliche Staffel- oder Indexvereinbarungen) der Hinweis auf den aktuellen (qualifizierten) Mietspiegel in Frage (§ 558 BGB) oder auf eine vorangegangene Modernisierung in Frage (§ 559 BGB). Ansonsten besteht keine Verpflichtung, einer anderweitig begründeten Mieterhöhung zuzustimmen oder diese zu zahlen. Auch der neue Dortmunder Mietspiegel 2025/2026 ist ein so genannter qualifizierter Mietspiegel. Er ist daher für Mieterhöhungen bis zum 31.12.2026 verbindlich.

Prüfung von Zu- und Abschlägen

Bei der Einordnung in den Mietspiegel sollten Mieter prüfen, ob der Mietspiegel für die Wohnung tatsächlich Ausstattungs- und Modernisierungszuschläge vorsieht. Nicht jede einzelne Modernisierungsmaßnahme des Vermieters reicht hierfür aus. Zu prüfen sind das Baualter der Wohnung und der Zeitpunkt der jeweiligen Modernisierungsmaßnahme.

Zu prüfen ist auch, ob Abschläge zu Gunsten der Mieter auch wirklich berücksichtigt wurden. Dies sind insbesondere:

·         Eine fehlende Gegensprechanlage

·         Elektrischer Durchlauferhitzer oder Boiler

·         Wohnung wurde ohne Oberboden vermietet

·         Gefangene Räume (Wohnraum kann nicht über Flur, nur durch anderen Wohnraum er-reicht werden)

·         Versorgung mit Fernwärme

Einen Zuschlag für eine modernisierte Heizung gibt es künftig nur bei einem kompletten Aus-tausch aller Heizungsbestandteile vom Heizkessel über die Heizungsrohre bis zu den Heizkör-pern. Dies muss der Vermieter nachweisen.

Richtige Einordnung in der Spanne (Mittelwert)

Mieter müssen zudem aufpassen, ob ihre Wohnung innerhalb der Preisspanne einer Baualtersklasse richtig eingeordnet wurde. Nach wie vor gilt die Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund, wonach der im Mietspiegel ausgewiesene Mittelwert im Zweifel die ortsübliche Miete innerhalb der Spanne wiedergibt. Hiervon kann nur in seltenen und zu begründenden Ausnahmefällen abgewichen werden.

Generell gilt zudem die gesetzliche Kappungsgrenze von noch 20 %, um die die Mieten in Dortmund inner-halb von drei Jahren maximal erhöht werden dürfen.

Mieterverein bietet Online-Rechner und Sonderdruck mit Berechnungshilfe

Der neue Mietspiegel und der Ratgeber „Mieterhöhung“ sind kostenlos in der Geschäftsstelle, Kampstraße 4, 44137 Dortmund, erhältlich und unter http://www.mietspiegel-dortmund.de abrufbar.

Ebenso steht der kostenlose Online-Mietspiegelrechner für den neuen Mietspiegel zur Verfügung. Dieser erleichtert die Anwendung des Mietspiegels bei der Prüfung einer Mieterhöhung.


Beratungstermin
vereinbaren unter
0231 / 55 76 56-0
Mo.-Do. 8:00 bis 12:00 Uhr
13:00 bis 17:00 Uhr
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