Logo Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.
16. Juli 2025 (Wohnungspolitik)

Kampagne des Planerladen Fair vermieten – Diskriminierung verbieten

Eine dreiköpfige Familie bewirbt sich auf eine Wohnung, doch die Angestellte des Wohnungsunternehmens weist auf das Belegungskonzept des Unternehmens hin und lehnt mit der Begründung ab, dass sie für die betroffene Wohnung aktuell nur Deutsche suchen. Der soziale Frieden im Haus solle nämlich nicht gefährdet werden. Ein fiktives Beispiel, das jedoch so oder ähnlich die Lebensrealität vieler Menschen darstellt und klar diskriminierend ist.

Plakat vom Planerladen zur Kampagne Fair vermieten – Diskriminierung verbieten

Plakat: Planerladen

Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) besteht eigentlich bereits seit 2006 eine gesetzliche Grundlage, um Diskriminierung zu verbieten. Dieses definiert jedoch Ausnahmen, sodass in manchen Fällen Diskriminierung nicht geahndet werden kann. Es ist dadurch zu schwach und weist enorme Schutzlücken auf. Deshalb will der Planerladen mit der Kampagne „Fair vermieten – Diskriminierung verbieten“ für diese Problematik des ungenügenden Diskriminierungsschutzes sensibilisieren und fordert eine Reform des AGGs.

Folgen der Ungleichbehandlung

Diskriminierung hat viele Gesichter – Migrationshintergrund, Religion, Geschlecht und weitere Merkmalszuschreibungen, an denen sich Ungleichbehandlungen aufhängen. In seinem Jahresbericht gab das Beratungsnetzwerk ada.nrw – in dem die Servicestelle für Antidiskriminierungsberatung des Planerladen Mitglied ist – an, dass 2023 insgesamt 900 Diskriminierungsfälle in ihren Beratungsstellen gemeldet wurden. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Da das Gesetz noch viel zu wenig bekannt ist, die Beratungsinfrastruktur oftmals an ihre Kapazitätsgrenzen stößt und besonders ländliche Räume unterversorgt sind, ist von einer deutlich höheren Dunkelziffer auszugehen. In 2023 fanden insbesondere im Lebensbereich Wohnen, sei es bei der Wohnungssuche oder aufgrund rassistischer Einstellung in der Nachbarschaft, mit 13 % die viertmeisten Diskriminierungsfälle statt. Die Folgen der Ungleichbehandlung sind drastisch: Integration und Teilhabe am Wohnungsmarkt werden erschwert. Anhaltende Wut und Hilflosigkeit bringen tiefgreifende, negative Auswirkungen für die psychische und körperliche Verfassung mit sich. Außerdem minimieren sich die Auswahlmöglichkeiten an passenden Wohnungen und Betroffenen bleibt oft nichts anderes übrig, als kleinere und/oder schlechter ausgestattete Wohnungen zu höheren Mieten zu akzeptieren – das Armutsrisiko steigt.

Die Beratungsarbeit für Antidiskriminierung basiert auf dem AGG, stößt aber dort regelmäßig an dessen Grenzen. In seiner aktuellen Form ermöglicht das AGG nämlich keinen diskriminierungsfreien Zugang zu Wohnraum und gleiche Chancen für alle. Dabei stellt Wohnen ein Grundbedürfnis dar und ist Basis für die Teilhabe in anderen gesellschaftlichen Bereichen. 

Gesetz mit Reformbedarf

Die notwendigen Reformforderungen wurden bisher nicht aufgegriffen und umgesetzt. Dies erschwert es den Betroffenen, ihr Recht durchzusetzen. Ausnahmeregelungen wie sogenannte soziale Belegungskonzepte oder die eingeräumte Freiheit der Vermieter:innen mit weniger als 50 Wohnungen, die Mietinteressierten – mit Ausnahme rassistischer Diskriminierung – grundlos abzulehnen, zeigen nur einige der Schutzlücken auf. Es stellt sich die Frage, wieso ein Gesetz, das Gleichbehandlung erreichen will, Ungleichbehandlung doch ermöglicht. Eine Reform des AGGs ist dringend nötig, um den Diskriminierungsschutz in Deutschland an die Standards der EU-Richtlinien und die UN-Menschenrechtskonvention anzupassen.

Aufmerksamkeit durch Provokation

Hier setzt die Kampagne des Planerladens an, die auf die Thematik der Diskriminierungsmöglichkeit trotz des davor schützenden Gesetzes aufmerksam macht und eine dringend nötige Reform des AGGs fordert. Sechs Motive beschreiben bildkräftig und prägnant jeweils eine Lücke im AGG. Betitelt sind diese mit bewusst provokativen Aussagen wie „Keine Wohnung für Ausländer!“ oder „Keine Wohnung für Schwule!“. Vielleicht zu provozierend oder unsensibel für manche, jedoch gleichzeitig Aufmerksamkeit ziehend, augenöffnend und im Gedächtnis bleibend für andere. Das Posten der Motive auf Social Media auf dem Instagram-Account des Planerladen sowie die geschalteten Anzeigen zielen darauf ab, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. Erläuternde Texte auf der Website www.planerladen.de/agg-reform, Plakate im öffentlichen Raum, ein auffällig gestalteter Aufsteller beim Housing Action Day und eine Versandaktion von 1.000 Briefen an Unternehmen verschiedenster Branchen, in denen dargelegt wurde, wie ein reformiertes AGG auch ihnen nützt, sind weitere Bausteine der Kampagne. Gleichzeitig wurden und werden Unterschriften für das bundesweite Bündnis „AGG-Reform – Jetzt!“ gesammelt, welches einen Änderungskatalog für das bestehende AGG erarbeitet hat und die Reformierung des AGGs fordert. 

Die Kampagne fand im Rahmen des Projekts INKLUDO 2.0 statt und wurde durch AMIF-Mittel der EU kofinanziert. 

Autorin : Planerladen gGmbH Erschienen im Mieterforum Nr. 80 II/2025


Beratungstermin
vereinbaren unter
0231 / 55 76 56-0
Mo.-Do. 8:00 bis 12:00 Uhr
13:00 bis 17:00 Uhr
Fr.8:00 bis 14:00 Uhr
Mietspiegelrechner
EnergiesparChecks