14. November 2014 (Wohnungspolitik)

Mieterverein zum Haushaltsplan. Der Kämmerer präsentiert dem Rat irreführende Zahlen zur Grundsteuer-Mehrbelastung!

Am gestrigen Donnerstag wurde der Haushaltsentwurf für 2015 mit Sparmaßnahmen und Einnahmensteigerungen von Stadtkämmerer Jörg Stüdemann dem Rat vorgestellt. Zur vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer von 540 auf 650 Prozentpunkte (Steigerung um 20,5 %) nimmt der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Stellung. Insbesondere hält die Mieterschutz-Organisation an ihrer Kritik der einseitigen Orientierung auf die Grundsteuer und deren massive Erhöhung fest und verweist auf irreführende Zahlen zu den Auswirkungen der Steuererhöhung.

Irreführende Zahlen zur Grundsteuer-Mehrbelastung

„Wir sind irritiert und verärgert, dass der Kämmerer gegenüber dem Rat eine unzutreffend niedrige ‚durchschnittliche Mehrbelastung‘ von nur „23,89 €“ be­hauptet! Wir haben die Stadt Dortmund und die Politik schon vor vier Wochen über die tatsächlichen Belastungen informiert!“, kritisiert Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mietervereins Dortmund und Umgebung e.V. 

Die dargestellten Zahlen (siehe unten) zeigen, dass es vermutlich einen geringen Anteil von Haushalten gibt, die nur eine Mehrbelastung von ca. 20 – 25 € haben werden; andere, gerade auch Mieter von Sozialwohnungen (!), haben Mehrbelastungen von 40 – 80 €, allein durch die erhöhte Grundsteuer![1]

„Wir verkennen nicht, dass die finanzielle Situation der Stadt Dortmund ernst ist. Das ‚Durchdrücken von Mehreinnahmen‘ mit falschen Zahlen geht allerdings gar nicht!“, stellt Rainer Stücker fest. 

Die Grundsteuerbelastung für Mieter in Beispielen auf Basis realer Abrechnungen: ab 2010

Beispiel

Hebesatz Stadt Dortmund

A)
Hannibal Dorstfeld-Süd (92 m²), 1970er Jahre

 

B)
Dortmund Nette 1970er Jahre. Butzstraße
(76 m²)

 

C) Teilmodernisierte Altbau-Wohnung in DO-Mengede:

(75 m²)

D)
Neubau 2011
altersgerecht; z.T. Sozialwohn. / Kuithanstraße 38+42 (87,5 m²)

Grundsteuer 2010/2011

480 %-Punkte

201,64 €/Jahr

161,87 €/Jahr

116,85 €/Jahr

./.

+ durchgeführte Erhöhung 2012

+ 12,5 %

+25,21 €/Jahr

+ 20,23€/Jahr

+14,60 €/Jahr

./.

Grundsteuer aktuell (ab 2012)

540 %-Punkte

226,85 €/Jahr

182,10 €/Jahr

131,45 €/Jahr

344,86 €/Jahr

+ Geplante Erhöhung 2015

+ 20,5 %

+46,51 €/Jahr

+ 37,34 €/Jahr

+26,95 €/Jahr

+70,66 €/Jahr

Geplante Grundsteuer 2015

650 %-Punkte

273,36 €/Jahr

219,44 €/Jahr

158,40 €/Jahr

415,52 €/Jahr

 Mieterverein kritisiert einseitige Orientierung der Stadtspitze auf die Grundsteuer!

„In seinem gestrigen Beitrag hat Kämmerer Stüdemann die Option einer Gewerbesteuererhöhung nicht einmal erwähnt!“, kritisiert Rainer Stücker. „So kann man die Grundsteuererhöhung als „alternativlos“ verkaufen.“

Für den Mieterverein ist die einseitige Orientierung der Verwaltung auf eine Grundsteuererhöhung nicht akzeptabel, die dann zwangsläufig zu Kostensprüngen von 20,5 % führen muss. „Eine Erhöhung der Gewerbesteuer ist für viele Verantwortliche ein Tabu, übersehen wird, dass die Grundsteuer sozial „blind“ ist!“, kritisiert Rainer Stücker, Geschäftsführer des Mieterverein Dortmund.

Grundsteuererhöhung trifft Mieterhaushalte

„Die Grundsteuer B ist entgegen dem Wortlaut keine Vermögens- oder Reichensteuer. Sie ist faktisch eine Art Wohnraumsteuer. Alle Wohnungsnutzer zahlen, wer, wie Familien mit Kindern, mehr Wohnraum nutzt, zahlt mehr!“, erläutert Rainer Stücker.

Denn die Grundsteuern sind umlagefähige Betriebskosten, Vermieter geben diese Kosten in vollem Umfang an ihre Mieter weiter. Die Grundsteuerbelastung von Mietern und Eigentümern unterscheidet sich nur geringfügig, maßgeblich sind das Alter des Gebäudes, ggf. der Modernisierungsstand und insbesondere die Wohnfläche. Dies wird durch die Beispiele des Mietervereins Dortmund deutlich. „Dabei gibt es eine erhebliche Bandbreite bei der tatsächlichen Kostenhöhe. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Nutzers spielt ‚im System‘ der Grundsteuer keine Rolle. Letztlich sind Mieterhaushalte sehr unterschiedlich betroffen,“ erklärt der wohnungspolitische Sprecher des Mietervereins Dr. Tobias Scholz.

  • Benachteiligt sind Mieterinnen und Mieter mit eigenem durchschnittlichem oder geringen Einkommen, insbesondere Familien mit Kindern, die auf größere Wohnungen angewiesen sind und höhere Grundsteuern zu tragen haben (siehe Beispielsfälle).
  • Benachteiligt sind insbesondere alle Wohngeldempfänger. Denn diese müssen die Erhöhungen selbst tragen, da das Wohngeld steigende Kosten nicht berücksichtigt (und Anfang 2011 bereits der sog. Heizkostenzuschuss beim Wohngeld durch die Bundesregierung gestrichen wurde).

·        Empfänger von ALG II und Sozialgeld sind hier in der Regel nicht betroffen, da ihnen die tatsächlichen bzw. angemessenen Wohnkosten durch das Jobcenter bzw. die Stadt Dortmund ersetzt werden. Für diese Gruppe trägt die Stadt Dortmund die Erhöhungen überwiegend selbst. Die behaupteten Mehreinnahmen von 21 Mio. Euro, würden vermutlich nur ca. 19 Mio. Euro betragen.

„Wir sind enttäuscht, dass der Kämmerer diese soziale Problematik gegenüber dem Rat nicht einmal erwähnt hat!“, kritisiert Mietervereins-Geschäftsführer Rainer Stücker.

Hintergrundinformationen:
Infos zur Grundsteuer B

§ Für Immobilien setzt das Finanzamt den sog. Einheitswert fest. Je jünger bzw. stärker modernisiert ein Objekt ist, desto höher liegt der Einheitswert.

§ Ausgehend von diesem Einheitswert erheben die Kommunen die Grundsteuer und legen einen sog. Hebesatz fest.

§ Die Grundsteuern sind umlagefähige Betriebskosten. Vermieter können diese Kosten in vollem Umfang an ihre Mieter weitergeben!

 

Der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

§ 16.000 Vereinsmitglieder / Mitglied im Deutschen Mieterbund (DMB)

§ Beratungen zum Thema 2. Miete machen ca. 50% aller Beratungsfälle aus

§ Informationen zum Betriebs- und Heizkostenspiegel unter www.mvdo.de


[1] Wir verzichten hier darauf, die Mehrbelastung auf Grund aller erhöhten Gebühren darzustellen, da dies ggf. nur „verwirrt“; politisch muss bis Februar 2015 die Höhe der Grundsteuer-Mehrbelastung entschieden werden.

Pressemitteilung Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. // 14.11.2014


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