26. Mai 2023 (Wohnungspolitik)

Es ist gut, als kommunales Unternehmen in den Markt einzutreten

Langfristig bezahlbarer Wohnraum – das ist seit Langem wohnungspolitische Forderung des Mietervereins. Jetzt ist ein großer Schritt getan: Mit der Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) soll der kommunale Wohnungsbau wieder in Fahrt kommen. Im Interview erzählen die Geschäftsführer Stefan Bromund und Oliver Lebrecht von den Plänen der DSG.

Bild: Alexandra Gerhardt

Bisher war die DSG eher planendes Instrument, jetzt ist sie ein „richtiges“ städtisches Wohnungsbauunternehmen. Welchen Auftrag und welche Ziele haben Sie?

Oliver Lebrecht: Die DSG wird aktiv in das Segment des Marktes eingreifen und hat als kommunale Wohnungsbaugesellschaft das Ziel, bezahlbaren Wohnraum in Dortmund zu schaffen. Die DSG setzt den Fokus auf den Neubau von Wohnungen und die Verwaltung, Betreibung und Instandsetzung von Bestandsobjekten.

Wie sind die ersten Perspektiven, sich am Markt aufzustellen?

O.L.: Im Rahmen der politischen Befassung zur Neuausrichtung der DSG hat der Rat der Stadt Dortmund im Jahr 2021 im Grundsatz festgelegt, in welchen Neubaugebieten wir uns bewegen sollen. Die Grundstücke aus diesem Grundsatzbeschluss wurden plausibilisiert und in einem Rahmenterminplan fortgeschrieben. Die Kosten wurden ebenfalls unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen fortgeschrieben, die sich seit Beginn des letzten Jahres extrem verändert haben.

Mit welchem Personal arbeiten Sie?

Stefan Bromund: Wir sind seit dem 1. Februar hauptamtlich Geschäftsführer. In diesem Jahr planen wir bis zu vier Stellen im technischen und kaufmännischen Bereich zu besetzen, und das Personal in den nächsten Jahren je nach Umfang der Projekte aufstocken.

Was sind das für Grundstücke, die in die DSG eingehen?

S.B. Bei den Grundstücken handelt es sich um unbebaute und bebaute Grundstücke. Die unbebauten Grundstücke sind zum Teil bereits erschlossen, andere noch zu erschließen. Der Grundsatzbeschluss des Rates der Stadt Dortmund hat im Jahr 2021 festgelegt, welche Grundstücke perspektivisch in die DSG eingehen sollen. Diese werden nach und nach in die DSG übertragen, wenn eine Bebaubarkeit vorherrscht.

O.L.: Die Grundstücke wurden priorisiert: Bei welchen Grundstücken haben wir bereits Planrecht, wo werden wir zu welchem Zeitpunkt Planrecht haben? Und bei welchen Grundstücken wird sich wann die erste Ausbaustufe realisieren? Das ist wichtig, um verschiedenen Realisierungsphasen aufstellen und planen zu können.

Wir arbeiten bereits auf drei erschlossenen Grundstücken mit Planrecht: in Grevel an der Hostedder Straße, in Hörde an der Stettiner Straße und in Mengede an der Mengeder Straße. An der Stettiner Straße errichten wir u. a. drei Punkthäuser mit ca. 40 Wohneinheiten, insgesamt an den drei Standorten ca. 100 Wohneinheiten. Hier haben wir im Februar die Aufträge an Architekten vergeben. Außerdem sind wir derzeit in der Projektsteuerung für vier sogenannte Problemimmobilien in der Nordstadt tätig. Diese werden wir als Projektsteuerer im Auftrag der Stadt Dortmund instand setzen.

Im März hat der Rat der Stadt Dortmund beschlossen, weitere Grundstücke in die DSG zu übertragen. Auf dieser Basis können wir nun ein neues Projekt in der Wellinghofer Straße in Hörde vorbereiten: Die erste Ausbaustufe seitens der Stadt Dortmund läuft bereits. Anfang April starten wir einen Architekturwettbewerb und hoffen, diesen bis zum Jahresende abzuschließen, um möglichst schnell im Anschluss das Neubauprojekt zu realisieren.

In den nächsten Jahren sollen nach und nach weitere Projekte hinzukommen. U. a. sind zwei Grundstücke in der Sckellstraße in der Innenstadt-Ost und „Auf dem Toren“ in Lütgendortmund zurzeit im Bebauungsplanverfahren. Die ersten Runden der Bürgerbeteiligung haben stattgefunden. Sobald dort Planrecht besteht, wollen wir als DSG eintreten und dort Wohnungen bauen.

Bleiben die bebauten Grundstücke bei der DSG?

O.L.: Ja. Es ist nicht vorgesehen, diese Grundstücke nach Realisierung der Neubauprojekte wieder abzugeben. Die Objekte werden im Bestand und Anlagevermögen der DSG verbleiben.

Wie kommen die fertigen Wohneinheiten an die Bewohner*innen?

O.L.: Im geförderten Wohnungsbau für Personen mit Wohnberechtigungsschein erfolgt die Vergabe über das Amt für Wohnen der Stadt Dortmund. Der frei finanzierte Wohnraum wird voraussichtlich frei angeboten.

S.B.: Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die ersten Neubauprojekte erst in etwa zweieinhalb Jahren fertig gestellt sein werden. Wie genau wir uns bis dahin aufgestellt haben, ist noch nicht festgelegt.

O.L.: Das Thema Inklusion wird ebenfalls frühzeitig berücksichtigt. Wir wollen uns hier mit sozialen Trägern abstimmen, um Bedarfe frühzeitig zu berücksichtigen.

S.B.: Die DSG wird nicht sämtliche Neubauprojekte mit einer einheitlichen Quote an geförderten Wohnungsbau umsetzen. In enger Abstimmung mit der Stadt Dortmund wird sich diese in der Regel zwischen 30 und 50 Prozent bewegen.

Wie wird die DSG an neue Grundstücke kommen?

S.B.: Im Grundsatzbeschluss des Rates der Stadt Dortmund sind Neubaugebiete vorgesehen, die zum Zeitpunkt der Baureife an die DSG übertragen werden.

O.L.: Im Moment befindet sich der Markt zudem in einer Situation, dass private Investoren zum Teil aufgrund der momentanen Rahmenbedingungen von ihren Neubauprojekten Abstand nehmen. In Abstimmung mit der Stadt Dortmund wird geprüft, inwieweit weitere Grundstücke durch die DSG bebaut werden können. Wir reden hierbei auch über Grundstücke, die sich am Markt nicht etablieren lassen. Diese kommen nach Prüfung und Eignung als potentielle weitere Grundstücke für die DSG in Betracht.

S.B.: Die Realisierung von Projekten auf neuen, weiteren Grundstücken steht allerdings unter dem Vorbehalt einer politischen Befassung.

Wie bewerten Sie die Rückendeckung für Ihren Weg?

S.B.: Die Signale aus der Politik sind positiv. Ich sehe, dass die Politik auf jeden Fall dahinter steht. Die Fraktionen aus der Mitte des Rates der Stadt Dortmund vertreten aus unserer Sicht ebenfalls den Standpunkt, dass der Bedarf an bezahlbaren Wohnraum in Dortmund hoch ist und die DSG als kommunale Wohnungsbaugesellschaft aktiv werden muss.

O.L.: Und es ist gut, als kommunales Unternehmen zu dem Zeitpunkt in den Markt zur Deckung des Bedarfes einzutreten, zu dem andere Akteure der Wohnungswirtschaft aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen Neubauprojekte prüfen und von diesen ggf. Abstand nehmen. 

Das Interview führte Alexandra Gerhardt. Erschienen im Mieterforum Nr. 71 I/2023


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